Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3.

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Mitteilungsentscheidungen, Beschwerden
und Klageverfahren

Drucksache 17/8639

Nach ihrer Einstellung sind die Beschränkungsmaßnahmen dem Betroffenen mitzuteilen. Diese Mitteilung unterbleibt jedoch gemäß § 12 Absatz 1 G 10, solange eine
Gefährdung des Zwecks der Beschränkung nicht auszuschließen oder solange der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes absehbar
ist. In den Fällen, in denen eine zurückgestellte Mitteilung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der
Maßnahme erfolgt, bedarf die weitere Zurückstellung der
Zustimmung der G 10-Kommission. Die Norm sieht darüber hinaus vor, dass die G 10-Kommission auch die
Dauer der weiteren Zurückstellung bestimmt.

Sowohl gegen die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen als auch gegen ihren Vollzug ist nach Maßgabe
des § 13 G 10 der Rechtsweg eröffnet. Waren im ersten
Halbjahr 2010 insgesamt 15 Klageverfahren zu 6 durchgeführten Beschränkungsmaßnahmen in erster Instanz
vor den Verwaltungsgerichten Berlin bzw. Köln anhängig, so erhöhte sich diese Zahl im zweiten Halbjahr auf
insgesamt 18 Klagen gegen 9 Beschränkungsmaßnahmen. In einem Klageverfahren wurde Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil gestellt, dass die Anordnungen zur Überwachung und Aufzeichnung des
Fernmeldeverkehrs sowie zur Öffnung und zum Einsehen
der Postsendungen rechtswidrig waren. Eine Entscheidung über diesen Antrag lag im Berichtszeitraum noch
nicht vor.

Im Berichtszeitraum wurde im Rahmen von 138 Mitteilungsentscheidungen, bei denen es sich um 136 Fälle des
BfV und um 2 Fälle des BND handelte, zu insgesamt
1 079 aus der Überwachung ausgeschiedenen Personen
und Institutionen (548 Haupt- und 531 Nebenbetroffene)
geprüft, ob nach § 12 Absatz 1 G 10 eine Mitteilung erfolgen kann.

Im Jahre 2010 gingen bei der G 10-Kommission insgesamt neun Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern
im Sinne des § 15 Absatz 5 G 10 ein, die Eingriffe in ihr
Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis durch einen Nachrichtendienst vermuteten. In sämtlichen Fällen konnte die
G 10-Kommission feststellen, dass Rechte aus Artikel 10
GG nicht verletzt worden waren.

Bei 360 aus Überwachungsmaßnahmen ausgeschiedenen
Betroffenen (161 Hauptbetroffene, 199 Nebenbetroffene)
wurde entschieden, diesen die Beschränkungsmaßnahme
mitzuteilen.
Zu 652 Personen/Institutionen, von denen 339 Hauptbetroffene und 313 Nebenbetroffene im Sinne des Gesetzes
waren, ergab die Prüfung, dass die in § 12 Absatz 1 G 10
genannten Voraussetzungen für eine Mitteilung noch
nicht gegeben waren. Die Mitteilungen wurden daher
vorerst beziehungsweise weiterhin zurückgestellt. Die
Gründe dafür lagen überwiegend darin, dass die Notwendigkeit einer Wiederaufnahme der Maßnahme möglich
war oder anderweitige nachrichtendienstliche Ermittlungen weiterhin erfolgten. Bei den gemäß § 3 Absatz 2 G 10
einbezogenen Nebenbetroffenen unterblieb die Mitteilung in erster Linie wegen des mutmaßlichen Fortbestandes der persönlichen Beziehungen zu den Hauptbetroffenen beziehungsweise zu anderen Personen aus deren
Umfeld. Die G 10-Kommission verfügte in Einzelfällen,
dass bereits nach kurzer Frist erneut überprüft werden
sollte, ob die Voraussetzungen einer Mitteilung vorliegen.
Bei 67 Betroffenen (48 Hauptbetroffene, 19 Nebenbetroffene) stellte die G 10-Kommission gemäß § 12 Absatz 1
Satz 5 G 10 einstimmig fest, dass es einer Mitteilung
nicht bedarf, weil die Voraussetzungen einer Nichtmitteilung auch fünf Jahre nach Beendigung der Maßnahmen
noch vorlagen, sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft noch vorliegen würden
und die Voraussetzungen für eine Löschung sowohl bei
der erhebenden Stelle als auch beim Empfänger vorlagen.
Im vorherigen Berichtszeitraum 2009 handelte es sich
demgegenüber um insgesamt 35 Betroffene (13 Hauptbetroffene, 22 Nebenbetroffene), bei denen die G 10-Kommission einstimmig entschieden hatte, endgültig keine
Mitteilung über die Durchführung der G 10-Maßnahme
zu erteilen.

IV.

Beschränkungsmaßnahmen nach § 5 G 10

1.

Allgemeine Voraussetzungen

Strategische Kontrolle bedeutet, dass nicht der Post- und
Fernmeldeverkehr einer bestimmten Person, sondern Telekommunikationsbeziehungen, soweit eine gebündelte
Übertragung erfolgt, nach Maßgabe einer Quote insgesamt überwacht werden. Aus einer großen Menge verschiedenster Gesprächsverbindungen werden mit Hilfe
von Suchbegriffen einzelne erfasst und ausgewertet.
Gemäß § 5 Absatz 1 G 10 dürfen auf Antrag des BND
Beschränkungen nach § 1 G 10 für internationale Telekommunikationsbeziehungen angeordnet werden, soweit
eine gebündelte Übertragung erfolgt. Beschränkungsmaßnahmen nach § 5 Absatz 1 G 10 sind zulässig zur
Sammlung von Nachrichten über Sachverhalte, deren
Kenntnis notwendig ist, um die Gefahr
(1) eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik
Deutschland,
(2) der Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland,
(3) der internationalen Verbreitung von Kriegswaffen im
Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen sowie des unerlaubten Außenwirtschaftsverkehrs mit Waren, Datenverarbeitungsprogrammen
und Technologien in Fällen von erheblicher Bedeutung,
(4) der unbefugten gewerbs- oder bandenmäßig organisierten Verbringung von Betäubungsmitteln in das
Gebiet der Europäischen Union in Fällen mit erheblicher Bedeutung mit Bezug zur Bundesrepublik
Deutschland,

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