Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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zen nur dann ausüben, wenn dies zur Wahrnehmung bestimmter Aufgaben erforderlich ist.
Das BfV durfte Auskunftsersuchen nach § 8 Abs. 5 bis 8
a. F. BVerfSchG nur stellen und den IMSI-Catcher nur
einsetzen, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach
§ 3 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BVerfSchG erforderlich war. Diese
Aufgaben bestehen in der Sammlung und Auswertung
von Informationen, dabei insbesondere von sach- und
personenbezogenen Auskünften, sowie von Nachrichten
und Unterlagen über
– sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des BVerfSchG für eine
fremde Macht,
– Bestrebungen im Geltungsbereich des BVerfSchG, die
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete
Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der
Bundesrepublik Deutschland gefährden oder
– Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die
gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 GG), insbesondere gegen das friedliche
Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 GG)
gerichtet sind.
Der BND durfte Auskunftsersuchen nach den § 2
Abs. 1a, § 8 Abs. 3a a. F. BNDG ebenfalls nur zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BNDG stellen, d. h. zur Sammlung, Gewinnung und Auswertung
von Erkenntnissen und Informationen über das Ausland,
die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für
die Bundesrepublik Deutschland sind.
Auch das MAD-Amt durfte von seiner Befugnis, Informationen bei Tele- und Telekommunikationsdienstleistern einzuholen, nur im Rahmen seiner Aufgaben nach
§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 MADG Gebrauch machen. Diese Aufgaben umfassen die Sammlung und Auswertung von Informationen – insbesondere sach- und personenbezogene Auskünfte – sowie von Nachrichten und
Unterlagen über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des MADG,
soweit sich diese Bestrebungen oder Tätigkeiten gegen
Personen, Dienststellen oder Einrichtungen im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung richten und
von Personen ausgehen oder ausgehen sollen, die diesem
Geschäftsbereich angehören oder in ihm tätig sind. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 MADG obliegt dem MAD ferner
die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über die Beteiligung
von Angehörigen des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung sowie von Personen, die in ihm
tätig sind oder in ihm tätig sein sollen, an Bestrebungen,
die gegen den Gedanken der Völkerverständigung
(Artikel 9 Abs. 2 GG), insbesondere gegen das friedliche
Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 GG) gerichtet sind.

Drucksache 16/5982

Zudem hatten die Dienste dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechend von mehreren geeigneten Maßnahmen diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt (vgl. § 8 Abs. 13
a. F. BVerfSchG, § 2 Abs. 4 BNDG). Eine Maßnahme
durfte keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer
Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stand.
2.

Neue Rechtslage seit dem 11. Januar 2007

Die Regelungen des TBG zum BVerfSchG, zum BNDG,
zum MADG sowie weiterer Gesetze waren auf fünf Jahre
befristet. Vor Ablauf dieser Frist wurde die Wirksamkeit
der Regelungen evaluiert. Der vom Bundeskabinett am
11. Mai 2005 beschlossene entsprechende Evaluierungsbericht ist in öffentlicher Sitzung des Innenausschusses
des Deutschen Bundestages am 1. Juni 2005 von allen
Fraktionen positiv gewürdigt worden. Der Bericht gelangt zu dem Ergebnis, dass es richtig war, die Befugnisse
der Sicherheitsbehörden maßvoll zu erweitern. Sie seien
gleichermaßen erfolgreich wie zurückhaltend eingesetzt
worden.
Mit dem TBEG, das am 11. Januar 2007 in Kraft trat,
wurden die Schlussfolgerungen aus der Evaluierung umgesetzt. Kern der Neuregelungen ist die Fortschreibung
der Auskunftsbefugnisse, wie sie den Nachrichtendiensten durch das TBG vom 9. Januar 2002 eingeräumt
wurden. Die nunmehr in einem eigenständigen § 8a
BVerfSchG vorgesehenen Maßnahmen (im Wesentlichen beruhend auf § 8 Abs. 5 bis 12 BVerfSchG a. F.)
gelten unter spezifizierten Voraussetzungen auch für die
anderen Nachrichtendienste der Bundesrepublik. Die
dem BfV zustehenden Befugnisse zu „besonderen Auskunftsverlangen“ sind direkt in § 8a BVerfSchG geregelt
worden. § 2a BNDG stellt dem BND unter dort näher
bezeichneten Voraussetzungen die gesamte Eingriffsbefugnisse des § 8a BVerfSchG zur Verfügung. Erstmals werden auch dem MAD mit § 4a MADG entsprechende umfassende Befugnisse erteilt, soweit dessen in
§ 1 Abs. 1 MADG umschriebener Aufgabenkreis berührt ist.
Eine wesentliche Neuerung nach dem TBEG ist, dass das
BfV seine bestehenden Auskunftsbefugnisse künftig auch
zur Aufklärung bisher noch nicht erfasster verfassungsfeindlicher Bestrebungen einsetzen kann, wenn diese die
Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt fördern. So werden
die durch das TBG eingeführten Auskunftsbefugnisse des
BfV unter eingeschränkten Bedingungen auch auf die Beobachtung der bislang nicht betroffenen inländischen verfassungsfeindlichen Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1
BVerfSchG erstreckt. Als entsprechende Qualifikation
nennt § 8a Abs. 2 Satz 2 BVerfSchG solche Bestrebungen, die bezwecken oder auf Grund ihrer Wirkungsweise
geeignet sind, zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen
Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die
Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und

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