hig.
I.
Gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG in Verbindung mit § 13 Nr. 5, §§ 63 ff. BVerfGG entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Auslegung des Grundgesetzes aus
Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten
Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch das Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet
sind.
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1. Das Organstreitverfahren ist als (kontradiktorische) Parteistreitigkeit ausgestaltet.
Es dient maßgeblich der gegenseitigen Abgrenzung der Kompetenzen von Verfassungsorganen oder ihren Teilen in einem Verfassungsrechtsverhältnis, nicht der davon losgelösten Kontrolle der objektiven Verfassungsmäßigkeit eines bestimmten Organhandelns (vgl. BVerfGE 68, 1 <69 ff.>; 73, 1 <29 f.>; 80, 188 <212>; 104, 151
<193 f.>; 118, 244 <257>; 126, 55 <67 f.>; stRspr). Der Organstreit ist keine objektive
Beanstandungsklage. Er setzt eine rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassung
des Antragsgegners voraus, die geeignet ist, die Rechtsstellung des Antragstellers
zu beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 118, 277 <317> m.w.N.). Der Antragsteller muss
deshalb gemäß § 64 Abs. 1 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG schlüssig
behaupten, dass er und der Antragsgegner an einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt sind und dass der Antragsgegner ihm hieraus erwachsende verfassungsmäßige Rechte oder Zuständigkeiten durch die beanstandete
Maßnahme oder das Unterlassen verletzt oder unmittelbar gefährdet hat (vgl.
BVerfGE 129, 356 <365>). Für die Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass die behauptete Rechtsverletzung unter
Rückgriff auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäbe nach dem
vorgetragenen Sachverhalt möglich erscheint (vgl. BVerfGE 80, 188 <209>; 94, 351
<362 f.>; 99, 19 <28>; 102, 224 <232>; stRspr).
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2. Mithin entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG
über Verfassungsstreitigkeiten. Nicht jeder Streit über den Inhalt eines Verfassungsartikels ist ein Verfassungsstreit. Es kommt vielmehr auf die streitenden Subjekte an.
Die Beteiligten müssen in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zueinander stehen, aus dem sich Rechte und Pflichten ergeben, die sie gegenseitig achten
müssen und die zwischen ihnen streitig geworden sind (vgl. BVerfGE 2, 143 <152>;
20, 18 <23 f.>).
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Nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG sind im Organstreit nur die obersten Bundesorgane
parteifähig. Unter obersten Bundesorganen werden die durch das Grundgesetz eingesetzten und formierten obersten Organe verstanden, die § 63 BVerfGG aufzählt
(vgl. BVerfGE 13, 54 <81>), namentlich Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat und
Bundesregierung. § 63 BVerfGG setzt die verfassungsrechtliche Vorgabe des Art. 93
Abs. 1 Nr. 1 GG allerdings nicht abschließend um (BVerfGE 136, 277 <299 Rn. 59>).
Aus dem Charakter des Organstreitverfahrens als Verfassungsstreit zwischen Fakto-
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