II.
Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass die Antragsgegnerin zu 1. und der
Antragsgegner zu 2. ihre Rechte aus Art. 10 Abs. 2 GG verletzt haben, indem sie es
abgelehnt hätten, die Listen mit den Suchbegriffen (Selektoren), die der BND ab
2004 aus den ihm von der NSA übergebenen Selektorenlisten herausgefiltert hatte,
herauszugeben oder Einsicht in diese zu gewähren.
1. Die Antragstellerin hält ihre Anträge im Organstreitverfahren für zulässig.

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a) Der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht sei nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG
in Verbindung mit § 13 Nr. 5, §§ 63 ff. BVerfGG eröffnet, denn es werde die Feststellung begehrt, dass die Antragsgegner die verfassungsmäßigen Rechte der Antragstellerin aus Art. 10 GG verletzt oder unmittelbar gefährdet hätten. Die Antragsgegner hätten es verfassungswidrig unterlassen, die NSA-Selektorenlisten offen zu
legen, die es der Antragstellerin ermöglichen könnten, rechtswidrige Beschränkungsmaßnahmen festzustellen sowie rechtswidrig in ihren Kommunikationsrechten betroffene Grundrechtsträger zu ermitteln und gegebenenfalls festzustellen, ob diese über
die jeweilige Beschränkungsmaßnahme benachrichtigt worden seien.

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b) Nach §§ 63, 64 BVerfGG seien die Anträge zulässig, da die Antragstellerin in ihren durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet sei.

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Art. 10 Abs. 2 GG habe ihr als von der Volksvertretung bestelltem Organ aufgegeben, nach Maßgabe des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz - G 10) den Vollzug der von den
Nachrichtendiensten beantragten Beschränkungsmaßnahmen zu genehmigen oder
zurückzuweisen. Bei der Nachprüfung habe sie gemäß § 15 G 10 von Amts wegen
oder auf Grund von Beschwerden zu entscheiden. Ihre Kontrollbefugnis erstrecke
sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem G 10 erlangten personenbezogenen Daten.

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c) Die Antragstellerin sei als „andere Beteiligte“ im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1
GG zu bewerten und damit nach § 63 BVerfGG beteiligtenfähig.

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Die G 10-Kommission sei eine Einrichtung, welche vom Grundgesetz vorgesehen
sei und an das Grundgesetz gebundene Aufgaben und Befugnisse auszuüben habe.
Sie habe eine in Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG und damit grundgesetzlich verankerte
Wächter- und Schutzfunktion wahrzunehmen. Die Zuweisung der Aufgaben erfolge
unmittelbar durch Art. 10 Abs. 2 GG. Sie sei ein Funktionsträger und in einer den
obersten Bundesorganen vergleichbaren Weise an der Bildung des Staatswillens unmittelbar beteiligt.

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Zwar sei sie - anders als das Parlamentarische Kontrollgremium - nicht ausdrücklich
im Grundgesetz erwähnt. Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG führe sie jedoch als Institution auf
und beschreibe ihre Funktion. Sie habe als von der Verfassung garantierte Einrichtung anstelle der Gerichte Rechtsschutz zu gewähren und zudem Befugnisse, die mit

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