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Verfahren INZOLL-neu löst die bislang bestehende
Sammlung personenbezogener Daten ab, die im Wesentlichen Aktennachweisfunktionen hatte. INZOLL-neu soll
darüber hinaus der Verhütung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, der Aufdeckung unbekannter Straftaten sowie der Vorsorge für künftige Strafverfahren im Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung
sowie der Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung
und Erhebung von Steuern dienen. Die datenschutzrechtlichen Anforderungen sollen u. a. durch abgestufte Zugriffsberechtigungen, durch ein differenziertes Schutzklassenkonzept zur Sicherstellung der zweckgebundenen
Verarbeitung sowie durch Zugriffsprotokollierungen sichergestellt werden.
Im Rahmen des Anhörungsverfahrens gemäß § 41 ZFdG
zu der Errichtungsanordnung für INZOLL-neu habe ich
mich u. a. für differenzierte Speicherungsfristen für die
Daten zu Beschuldigten einerseits und tatferneren Personen, wie Zeugen, Kontakt- und Begleitpersonen andererseits ausgesprochen. Zudem halte ich eine vollständige
Protokollierung aller Zugriffe auf die Datei für geboten,
um eine sachgerechte Datenschutzkontrolle zu gewährleisten. Das Anhörungsverfahren war bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen.
5.5

Verfassungsschutz

5.5.1

Evaluierung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes 2002

Der Evaluierungsbericht der Bundesregierung zum
Terrorismusbekämpfungsgesetz (TBG) ist unzureichend
und keine hinreichende Legitimationsgrundlage für das
Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG).
Gesetzliche Regelungen, die in Grundrechtspositionen der
Bürgerinnen und Bürger eingreifen, bedürfen einer schlüssigen Begründung und müssen dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgebot entsprechen. Häufig sind
aber zum Zeitpunkt der Einführung neuer Befugnisnormen die Konsequenzen dieser Regelungen nur unvollkommen prognostizierbar. Aus diesem Grund hatte der
Deutsche Bundestag beschlossen, die im Rahmen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes 2002 eingeführten neuen
Befugnisse auf fünf Jahre zu befristen und rechtzeitig vor
Ablauf dieser Frist einer Evaluation zu unterwerfen
(vgl. 20. TB Nr. 5.5.4). Von der Evaluation wäre eigentlich zu erwarten gewesen, dass die jeweiligen Maßnahmen
hinsichtlich ihrer Anwendungsbreite, ihres Erfolges und
in Bezug auf ihre Eingriffsintensität in Grundrechte bewertet werden. Legt man diese Anforderungen zu Grunde,
war der von der Bundesregierung im Mai 2005 vorgelegte
„Bericht zu den Auswirkungen der nach Artikel 22 Abs. 2
des TBG befristeten Änderungen des Bundesverfassungsschutzgesetzes, des MAD-Gesetzes, des BND-Gesetzes,
des Artikel 10-Gesetzes, des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes und des § 7 Abs. 2 des BKA-Gesetzes“ (vgl. Drucksache des Innenausschusses des Deutschen Bundestages 15(4)218) eine Enttäuschung.
Auswertungsstichtag war der 31. Dezember 2004. Die
aus der Evaluierung gewonnenen Erkenntnisse hat die

Bundesregierung nach eigenen Angaben im TBEG (s. o.
Nr. 5.1.2) umgesetzt (vgl. Bundestagsdrucksache 16/2921,
Entwurfsbegründung, A. Allgemeiner Teil, Seite 1). Wie
ich gegenüber dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages erläutert habe (vgl. Drucksache des Innenausschusses des Deutschen Bundestages 16(4)71, Anlage 4),
halte ich den Evaluierungsbericht für unzureichend. Zum
einen ist der Bericht nicht das Ergebnis einer wissenschaftlich fundierten Evaluation. Die Auswirkungen der
von den Sicherheitsbehörden getroffenen Eingriffsmaßnahmen auf die Grundrechte der Betroffenen werden beispielsweise nicht hinreichend untersucht und bewertet. In
dem Bericht fehlen zudem wesentliche, für die Evaluation notwendige Informationen, z. B. zur Kosten-Nutzen-Relation der getroffenen Maßnahmen. Kritisch zu bewerten ist ferner die von der Bundesregierung geforderte
Entfristung, d.h. die unbefristete Weitergeltung, sämtlicher durch das TBG neu geschaffener Befugnisse. Angesichts der besonderen Grundrechtsintensität der auf diese
Befugnisse gestützten Maßnahmen ist eine Entfristung
insbesondere in den Fällen nicht zu legitimieren, in denen
die Sicherheitsbehörden von diesen Befugnissen nur geringen oder gar keinen Gebrauch gemacht haben.
Als Folge dieser Kritik hat der Gesetzgeber die Geltung
der nachrichtendienstbezogenen Regelungen des TBG
und des TBEG entgegen dem Petitum der Bundesregierung erneut auf fünf Jahre befristet. Zudem hat er eine
Pflicht zur Evaluierung dieser Regelungen normiert und
– meinem Petitum folgend – festgelegt, dass die Evaluierung auf wissenschaftlicher Grundlage unter Einbeziehung eines wissenschaftlichen Sachverständigen erfolgen
muss, der im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag zu bestellen ist (s. o. Nr. 5.1.2).
5.5.2

Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel
durch den Verfassungsschutz –
mobile Beobachtungstruppe

Beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel durch das
Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) wurden anlässlich eines Beratungs- und Kontrollbesuchs datenschutzrechtliche Defizite festgestellt.
Im Februar 2006 habe ich im BfV einen Beratungs- und
Kontrollbesuch zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel durchgeführt. Meine Kontrolle erstreckte sich insbesondere auf den Bereich der Observation und den damit
verbundenen Einsatz technischer Mittel. Genauere Angaben hierzu sind aus Geheimschutzgründen nicht möglich.
Die Observation ist eine Methode zur heimlichen
Informationsbeschaffung über Personen, Objekte und Ereignisse (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 Bundesverfassungsschutzgesetz – BVerfSchG). Ausgeführt werden die Observationsmaßnahmen durch mobile Observationsteams
(sog. Observationstrupps) im Auftrag der jeweiligen
Fachabteilungen des BfV.
Bei der Kontrolle habe ich festgestellt, dass eine Datei
ohne die gesetzlich vorgeschriebene Dateianordnung
(vgl. § 14 Abs. 1 BVerfSchG) geführt worden ist. Darüber hinaus sind personenbezogene Daten in Dateien

R

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BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006

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