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Zu Nr. 17.1.6 – Verarbeitung medizinischer Daten bei
der häuslichen Krankenpflege durch die Kassen
Der BfD stellt fest, dass Krankenkassen für die Prüfung
der Leistungsvoraussetzungen von häuslicher Krankenpflege Gesundheitsdaten erheben, die unter die ärztliche
Schweigepflicht fallen, weil ihnen entsprechende Aufträge an den Medizinischen Dienst der Krankenkasse
offenbar zu aufwändig sind.
Für den Bereich der häuslichen Krankenpflege vertritt
die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Übermittlung von Pflegedokumentationen an die Krankenkassen durch die Regelung des § 302 SGB V nicht gestattet ist. In diesem Zusammenhang ist eine
Übermittlung der Pflegedokumentationsdaten durch die
Leistungserbringer nach § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V nur
unmittelbar an den Medizinischen Dienst zulässig, sofern dieser von den Krankenkassen nach § 275 Abs. 1
bis 3 SGB V zu einer gutachterlichen Stellungnahme
veranlasst wurde und die Datenübermittlung erforderlich ist.
Ich habe die City BKK mehrfach auf die Rechtslage
sowohl im Zusammenhang mit der Einsichtnahme in
Pflegedokumentationen und Krankenhausentlassungsberichte als auch bei der Forderung von Schweigepflichtentbindungserklärungen hingewiesen. Sie hält jedoch
weiterhin an der Erhebung von medizinischen Daten auf
der Grundlage von Schweigepflichtentbindungserklärungen ihrer Versicherten fest.
Die Datenerhebungsbefugnis für die Zwecke der gesetzlichen Krankenversicherung ist in § 284 SGB V bereichsspezifisch abschließend geregelt. Das gleiche gilt für die
Übermittlungsbefugnisse der Leistungserbringer, wie
zum Beispiel Krankenhäuser (§ 301 SGB V) und Ärzte
(§ 295 SGB V). Dieser Vorrang abschließender spezialgesetzlicher Regelungen kann weder durch allgemeine
gesetzliche Regelungen, wie etwa im SGB I oder SGB X
(vgl. Nr. 13.1.3), noch durch Vereinbarungen, wie etwa
Einwilligungs- oder Schweigepflichtentbindungserklärungen der Versicherten umgangen werden. Das Einholen
einer Einwilligung der Versicherten in die Übermittlung
von Gesundheitsdaten unmittelbar an die Kranken-/Pflegekasse stellt eine unzulässige Umgehung dieser gesetzlichen Restriktion und eine Missachtung des in den
§§ 275 ff. SGB V dokumentierten Willens des Gesetzgebers, wonach ausschließlich der Medizinische Dienst der
Krankenkassen zur Prüfung medizinischer Sachverhalte
berechtigt ist, dar.
Die fortlaufende rechtswidrige Erhebung von Sozial- und
Gesundheitsdaten der Versicherten durch die City BKK

13.1.9 Öffentliche Ausschreibungen für
Sozialleistungen
Öffentliche Ausschreibungen für Sozialleistungen sind so
zu gestalten, dass kein Rückschluss auf betroffene Personen möglich ist.
Auf einer über das Internet für jeden Interessierten zugänglichen Ausschreibungsplattform für Patientenfahrten hatte eine große bundesunmittelbare Krankenkasse
Daten aus dem persönlichen Umfeld ihrer Versicherten
veröffentlicht, um auf diese Weise das preisgünstigste
Fuhrunternehmen für ärztlich verordnete Transporte dieser Versicherten zu ermitteln. Die zur Angebotsabgabe
dienende Leistungsbeschreibung der einzelnen Fahrten
enthielt dabei nicht nur den Ortsnamen mit Postleitzahl
und die Bezeichnung der Straßen als Abfahrts- und
Zielorte, sondern regelmäßig auch den Zeitraum der
durchzuführenden Fahrten mit taggenauer Angabe der
ersten Fahrt und teilweise auch der Wochentage aller weiteren Fahrten sowie der voraussichtlichen Wartezeit zwischen Hin- und Rückfahrt. Ein Freitextfeld „Sonstige Angaben zu den Fahrten“ offenbarte darüber hinaus
vereinzelt Hinweise auf das Gebrechen des zu transportierenden Patienten, seinen derzeitigen Aufenthaltsort
oder sogar die Angabe der vollständigen Adresse oder des
Nachnamens des Versicherten.
Ich habe die Krankenkasse darauf hingewiesen, dass
diese detaillierten Angaben aufgrund ihrer öffentlichen
Zugänglichkeit in Einzelfällen – z. B. in kleineren Ortschaften oder bei überschaubaren Straßenzügen – auch
noch zu anderen Zwecken als zur Abgabe eines Angebotes missbraucht werden könnten und um eine unverzügliche Änderung des Ausschreibungsverfahrens gebeten.
Der Kreis der Nutzungsberechtigten dieser Internetseite
ist von vornherein einzuschränken, z. B. auf registrierte
Fuhrunternehmen, und die Leistungsbeschreibung der zur
Ausschreibung gelangenden Patientenfahrten so weit zu
begrenzen, wie es zur Abgabe eines vergleichbaren Angebotes unbedingt notwendig ist. Die Möglichkeit eines
Personenbezuges muss auf jeden Fall ausgeschlossen
sein.
Die Krankenkasse hat das Verfahren zwischenzeitlich
überarbeitet und dabei meine Änderungsvorschläge im
Wesentlichen übernommen.
13.2

Gendiagnostikgesetz dringend
erforderlich

Das Gendiagnostikgesetz lässt noch auf sich warten, obwohl der Umgang mit Gentests immer größere Bedeutung
gewinnt.
Die Entschlüsselung des menschlichen Genoms führt zu
immer neuen medizinischen Erkenntnissen mit weit reichenden Folgen für unser tägliches Leben. Genanalysen
erlauben heutzutage bereits lange vor dem tatsächlichen
BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006

si

Stellungnahme der Bundesregierung zum 20. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 26 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes – Bundestagsdrucksache 15/5252 –

ev
i

Auszug

habe ich gem. § 25 Abs. 1 BDSG beanstandet. In ihrer
Antwort stellt das Justiziariat der Krankenkasse erneut
die in den genannten Tätigkeitsberichten dargelegte Auffassung in Frage. Eine Stellungnahmen durch den Vorstand (§ 25 Abs. 3 BDSG) steht noch aus.

R

K a s t e n zu Nr. 13.1.8

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