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7.1.5
„Scheinvaterschaften“ sollen
angefochten werden können
Die Überprüfung von Vaterschaftsanerkennungen muss
auf solche Fälle beschränkt bleiben, in denen konkrete
Verdachtsmomente vorliegen, dass sie dem alleinigen
Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der
deutschen Staatsangehörigkeit dient.
Die Bundesregierung hat am 29. August 2006 einen
Gesetzentwurf verabschiedet, der die Anfechtung von
missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen durch
staatliche Behörden erlaubt. Auslöser dieses Gesetzesvorhabens waren Fälle, in denen der Anerkennung weder
eine leibliche Vaterschaft noch eine – ebenfalls verfassungsrechtlich schützenswerte – sozial-familiäre Beziehung zugrunde lag. Aufgrund des deutschen Staatsangehörigkeits- und Ausländerrechts kann zum Beispiel ein
deutscher Staatsangehöriger durch die Anerkennung seiner Vaterschaft dem Kind einer ausreisepflichtigen Ausländerin zur deutschen Staatsangehörigkeit und der
Mutter zu einem Bleiberecht verhelfen. Damit die zuständigen anfechtungsberechtigten Landesbehörden von derartigen Sachverhalten Kenntnis erlangen und ihr neues
Anfechtungsrecht ausüben können, sieht der Gesetzesentwurf Mitteilungspflichten öffentlicher Stellen vor. Ausländerbehörden und Auslandsvertretungen sind künftig
verpflichtet, bei Kenntnis von konkreten, die Annahme
einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung nahe legenden Tatsachen diese der anfechtungsberechtigten Behörde mitzuteilen (§ 90 Abs. 4 AufenthG-E). Zudem sollen andere öffentliche Stellen unverzüglich die zuständige
Ausländerbehörde unterrichten, wenn sie Kenntnis von
derartigen Tatsachen erhalten; handelt es sich allerdings
um das Jugendamt, so besteht die Mitteilungspflicht nur,
soweit dadurch die Erfüllung der eigenen Aufgaben nicht
gefährdet wird (vgl. § 87 Abs. 2 AufenthG-E).
Die Ausarbeitung des Gesetzentwurfs habe ich begleitet.
Ich konnte erreichen, dass die genannten Mitteilungspflichten nur bei Vorliegen von konkreten verdachtsbegründenden Tatsachen bestehen. Wie die Gesetzesbegründung nunmehr ausdrücklich klarstellt, reichen bloße
Vermutungen und Hypothesen nicht aus. Meiner aus
Gründen des Sozialdatenschutzes geäußerten Anregung,
das Jugendamt aus dem Kreise der mitteilungspflichtigen
öffentlichen Stellen heraus zu nehmen, wurde zwar nicht
entsprochen. Insoweit gelang es allerdings, die Mitteilungspflicht des Jugendamtes einzuschränken. So ist das
Jugendamt dann nicht zur Mitteilung verpflichtet, wenn
dies mit seinem Auftrag in Konflikt geriete, Eltern in Angelegenheiten ihrer Kinder Hilfe und Unterstützung anzubieten.
7.1.6
Vereinsrecht
Im Rahmen des Kampfes gegen Extremismus und Terrorismus soll auch das öffentliche Vereinsrecht neu geregelt
werden.
Im BMI bestehen seit einigen Jahren Bestrebungen das
öffentliche Vereinsrecht mit dem Ziel neu zu regeln,
Extremismus und Terrorismus auch durch das Vereinsrecht den Boden zu entziehen. Dies soll – wenn Zweck
oder Tätigkeit des Vereins der verfassungsmäßigen Ordnung zuwiderlaufen – durch eine praxisgerechtere Ausgestaltung der Verbotsvorschriften sowie durch Verbesserung der Befugnisse der Verbotsbehörden, insbesondere
zur Ermittlung und ggf. Sicherstellung des Vereinsvermögens, erreicht werden. Zusätzlich sollen die behördlichen
Erkenntnismöglichkeiten u. a. durch Einrichtung eines
bundesweiten elektronischen Registers über sog. Drittstaatsausländer-Vereine optimiert und der Vollzug von
Vereinsverboten flexibilisiert und kostengünstiger gestaltet werden. Für zu weit gehend halte ich vor allem die geplanten Regelungen zur Einrichtung eines allgemeinen
bundesweiten elektronischen Registers über Vereine von
Ausländern aus Drittstaaten.
7.2
Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der
ehemaligen DDR (BStU) und das
Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG)
Neben dem Umgang mit Stasiunterlagen beherrschte die
Neuregelung des StUG die Diskussion während der Berichtsperiode.
Das Stasi-Unterlagen-Gesetz vom 20. Dezember 1991
enthielt Fristen, nach deren Ablauf die Unterlagen nicht
mehr zur Überprüfung einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst verwendet und die Tätigkeit für die Stasi
dem Mitarbeiter im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden sollten. Die bisweilen emotionsgeladen geführte Diskussion
zwischen den Positionen einer Resozialisierung auch in
diesem Bereich und dem Vorwurf einer SchlussstrichMentalität führte letztlich zu einem mit großer Mehrheit
gefundenen Kompromiss (Nr. 7.2.1), in dem auch ich
eine akzeptable Lösung sehe.
Im Berichtszeitraum habe ich zwei Außenstellen der
BStU kontrolliert und die Arbeit der Behörde durch mehrere Beratungen auf Arbeits- und Leitungsebene begleitet. Ich kann dabei ein weiteres Mal eine konstruktive Zusammenarbeit und einen sorgfältigen Umgang mit den
sensiblen Unterlagen bescheinigen.
7.2.1
7. Änderung des Stasi-UnterlagenGesetzes
Fristen für Überprüfung von Personen mit Stasi-Vergangenheit verlängert.
Mit dem Ablauf von im Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG)
vorgesehenen Fristen zum 29. Dezember 2006 wäre die
Verwendung von Stasiunterlagen zur Überprüfung von
Personen nach den einschlägigen beamtenrechtlichen und
sonstigen Vorschriften generell unzulässig geworden. Die
mit der Novelle vom 21. Dezember 2006 beschlossenen
neuen Regelungen ermöglichen nun weiterhin Überprüfungen für einen eingeschränkten Personenkreis. Personen, die sich in gesellschaftlich oder politisch herausgeBfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006
n
die bisherigen und neu entstehenden Datenbanken über
das Visa-Verfahren sowohl im nationalen wie auch im europäischen Bereich von datenschutzrechtlicher Relevanz.