Drucksache 14/1635
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Wie im letzten Bericht des G 10-Gremiums dargelegt
(Drucksache 13/9938) waren die Bundesregierung und
das Gremium hinsichtlich der Kontrolle über die Aufbewahrung, Vernichtung und Weiterleitung von Daten sowie über die Mitteilungen an Betroffene im Rahmen des
§ 3 Abs. 3, 5, 6 und 8 G 10 unterschiedlicher Rechtsauffassung. G 10-Gremium und G 10-Kommission waren
zu dem Ergebnis gekommen, diese Gesetzeslücke unmittelbar nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den unter IV. genannten Verfassungsbeschwerden zu schließen. Bis zur Schließung der Gesetzeslücke
hat auf Bitte des G 10-Gremiums die Parlamentarische
Kontrollkommission diese Kontrollfunktion wahrgenommen.
Über die allgemeine Durchführung des G 10 wurde in
der Vergangenheit gemäß § 9 Abs. 1 G 10-Gremium
– nunmehr das Parlamentarische Kontrollgremium – in
halbjährlichen Abständen vom Bundesminister des Innern und bei der strategischen Kontrolle (§ 3 Abs. 1
Nr. 1 G 10) durch den Bundesminister der Verteidigung
unterrichtet.
III. Durchführung von Maßnahmen nach § 3 G 10
Im Berichtszeitraum wurden keine neuen Bestimmungen
nach § 3 Abs. 1 Satz 1 G 10 getroffen. Es gelten demnach weiterhin die bisherigen Bestimmungen auf den
Gebieten Internationaler Terrorismus, Proliferation und
Rüstungshandel sowie Drogenhandel.
Der Bundesminister des Innern hat mit Zustimmung der
G 10-Kommission folgende Beschränkungsmaßnahmen
jeweils für die Dauer von drei Monaten angeordnet bzw.
Verlängerungen und Ergänzungen vorgenommen:
Internationaler Terrorismus
Die in diesem Bereich bestehende Anordnung aus dem
Jahr 1996 wurde zu Beginn des Jahres 1998 zum letzten
Mal verlängert, da sich die Meldungen als wenig informativ erwiesen. Dies ist insbesondere auf die konspirative Arbeitsweise von Terrororganisationen und auf
deren verschlüsselte Informationsübermittlung zurückzuführen. Entsprechend wurden an Justiz- und Sicherheitsbehörden keine Daten übermittelt.
Proliferation / Internationaler Rüstungshandel
und -produktion
Die in diesem Bereich bestehenden beiden Anordnungen
aus dem Jahre 1996 wurden im Berichtszeitraum je
sechsmal verlängert. Als nachrichtendienstlich relevant
haben sich in diesem Zeitraum 5 093 Meldungen erwiesen, von denen 27 Meldungen an eine Strafverfolgungsbehörde weiter geleitet worden sind.
Verbringung von Betäubungsmitteln
Die im Bereich des internationalen Drogenhandels seit
1996 bestehende Anordnung ist zum 31. Mai 1998 ausgelaufen. Nachrichtendienstlich relevant war eine Mel-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
dung. An Justiz- und Sicherheitsbehörden wurden keine
Meldungen übermittelt.
Anzumerken bleibt, dass sich die seit Oktober 1997
mögliche und rechtlich zulässige Erfassung von TelefaxVerkehren – bis dahin war dies nur für den TelexVerkehr möglich – nicht nur vom vergleichsweise höheren Aufkommen, sondern auch von der inhaltsreichen
Auswertung her als ergiebiger erweist. Für die Erfassung
von Sprach-Verkehren gilt aus technischen Gründen
nach wie vor, dass dies nur in Ausnahmefällen Erfolg
verspricht.
IV. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
und notwendige Novellierung des G 10
Wie bereits erwähnt und insbesondere in den vorangegangenen Berichten des G 10-Gremiums dargelegt, wurden im September 1995 gegen § 3 G 10 Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht erhoben sowie der Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in
seiner Entscheidung vom 14. Juli 1999 (Az. 1 BvR
2226/94; 2420/95; 2437/95) entschieden, dass die Änderung des G 10 durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz
vom 28. Oktober 1994 nicht in vollem Umfang mit dem
Grundgesetz vereinbar ist. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, bis zum 30. Juni 2001 einen verfassungsmäßigen Zustand herzustellen. In der Zwischenzeit sind die
beanstandeten Vorschriften nur eingeschränkt anwendbar.
Im Einzelnen wird eine Novelle des G 10 beinhalten
müssen:
– § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5
Die Vorschrift regelt, dass Beschränkungen des
Fernmeldegeheimnisses auch zur Sammlung von
Nachrichten über Sachverhalte angeordnet werden
dürfen, deren Kenntnis notwendig ist, um die Gefahr im Ausland begangener Geldfälschungen
rechtzeitig zu erkennen und abzuwehren. Das Bundesverfassungsgericht fordert insoweit eine Eingrenzung des Gefahrenbereichs „Geldfälschungen“
dahingehend, dass außen- und sicherheitspolitische
Interessen der Bundesrepublik Deutschland in erheblichem Maß berührt sein müssen, d. h. bei Gefahr für die Geldwertstabilität.
– § 3 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 1
Die Vorschrift enthält die Übermittlungsbefugnis
des BND. Danach sind die nach Absatz 1 erlangten
Daten vollständig zu den in Absatz 3 bezeichneten
Zwecken den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, dem Militärischen Abschirmdienst, dem Zollkriminalamt, dem Bundesausfuhramt, den Staatsanwaltschaften und den Polizeien zu
übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. Das Gericht
hält Einschränkungen bei der Weitergabe von Daten an andere Behörden (personenbezogene Daten),
eine Verstärkung der Anforderungen an die Tatbestandsmerkmale zur Ausfüllung des Verdachtsbe-