Eine hinreichende Rechtfertigung kann jedoch in dem Umstand gesehen werden,
dass eine Differenzierung zwischen Anwälten und Verteidigern aufgrund der Nähe
der Tätigkeitsfelder faktisch kaum möglich ist (vgl. auch BTDrucks 17/2637, S. 6 f.).
Bei der Kontaktaufnahme eines von einer Ermittlungsmaßnahme Betroffenen mit einem Rechtsanwalt wird sich aus der Außenperspektive vielfach nicht feststellen lassen, ob der Betroffene allgemeinen rechtlichen Rat oder die Beratung durch einen
Strafverteidiger sucht. Auch bei einem bereits bestehenden nicht strafrechtlichen
Mandat ist der Übergang zur Strafverteidigung mitunter fließend. Einem anwaltlichen
Beratungsverhältnis ist - anders als dies etwa bei Steuerberatern der Fall ist - bei generalisierender Betrachtung die Option der Strafverteidigung immanent. Daher ist es
mit Blick auf den Menschenwürdebezug der Strafverteidigung vertretbar, auch die
nunmehr neu von § 160a Abs. 1 StPO erfassten Berufsgruppen an dem dort normierten absoluten Schutz teilhaben zu lassen.
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(3) Die Einbeziehung der Abgeordneten in § 160a Abs. 1 StPO kann sich hingegen
auf eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Rechtfertigung stützen. Der Schutz der
Abgeordneten dient zwar nicht dem Persönlichkeitsrecht der Beschuldigten, sondern
wird den Abgeordneten um der Institution des Parlaments und seiner Funktionsfähigkeit willen gewährt (BVerfGE 109, 279 <323>). Deshalb ordnet das Grundgesetz für
Bundestagsabgeordnete ein Zeugnisverweigerungsrecht und ein Beschlagnahmeverbot an (Art. 47 GG). Diese unmittelbar in der Verfassung normierten ausdrücklichen Verbote selbst offen durchgeführter Ermittlungsmaßnahmen heben die Abgeordneten aus dem Kreis der anderen Zeugnisverweigerungsberechtigten heraus und
rechtfertigen insoweit auch einen besonderen, weitergehenden Schutz. Im Hinblick
darauf durfte der Gesetzgeber Ermittlungsmaßnahmen - insbesondere auch von
§ 160a Abs. 1 StPO ebenfalls umfasste verdeckte Maßnahmen - gegenüber Abgeordneten innerhalb der Reichweite ihres Zeugnisverweigerungsrechts generell untersagen (vgl. auch BTDrucks 16/5846, S. 25).
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cc) Von diesen privilegierten Berufsgruppen unterscheiden sich die von § 160a Abs.
2 StPO erfassten anderen Berufsgeheimnisträger in einer Weise, die einen der Abwägung zugänglichen Schutz gegenüber Ermittlungsmaßnahmen rechtfertigt.
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(1) Für die Berufsgruppe der Ärzte hat das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt, dass zwar bestimmte Inhalte, wie etwa Arztgespräche, im Einzelfall dem
Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sein können (vgl. BVerfGE 32,
373 <379>; 109, 279 <323>). Soweit dies der Fall ist, unterliegen die Inhalte nach
dem Willen des Gesetzgebers auch im Rahmen des § 160a Abs. 2 StPO nicht dem
Zugriff der öffentlichen Gewalt, weil dann im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein Überwiegen der schutzwürdigen Individualinteressen anzunehmen und die
Ermittlungsmaßnahme deshalb unzulässig ist (vgl. BTDrucks 16/5846, S. 36 f.).
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Anders als für die Strafverteidigung, die ihrem Zweck nach insgesamt Kernbereichsbezug aufweist, ist für den ärztlichen Bereich allerdings nur unter besonderen
Bedingungen des Einzelfalls der Kernbereich der privaten Lebensführung berührt.
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