Benachrichtigung nicht ohne Gefährdung von Leib und Leben einer Person geschehen kann oder wenn ihr überwiegende Belange einer betroffenen Person entgegenstehen, etwa weil durch die Benachrichtigung von einer Maßnahme, die keine weiteren Folgen gehabt hat, der Grundrechtseingriff noch vertieft würde (vgl. BVerfGE
100, 313 <361>; 109, 279 <364 ff.>; 125, 260 <336>). Darüber hinaus ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, vergleichbar strenge Benachrichtigungspflichten gegenüber Personen zu begründen, die nur zufällig von einer Ermittlungsmaßnahme
gegen einen Beschuldigten betroffen sind und somit nicht Ziel des behördlichen Handelns sind. Eine Benachrichtigung kann ihnen gegenüber im Einzelfall den Eingriff
vielfach sogar vertiefen (vgl. BVerfGE 109, 279 <365>; 125, 260 <337>; BVerfGK 9,
62 <81>). In diesen Fällen kann eine Benachrichtigung grundsätzlich schon dann unterbleiben, wenn die Betroffenen von der Maßnahme nur unerheblich betroffen wurden und anzunehmen ist, dass sie kein Interesse an der Benachrichtigung haben
(vgl. BVerfGE 125, 260 <337>).
2. Gemessen an diesen Vorgaben halten die Regelungen des § 101 Abs. 4 bis 6
StPO einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand.

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In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass § 101 StPO eine grundrechtssichernde Verfahrensvorschrift ist, die einheitlich für die Ermittlungsmaßnahmen des § 101 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 12 StPO die Kennzeichnungspflicht (Absatz 3),
die Benachrichtigungspflicht (Absatz 4), deren vorübergehende oder endgültige Suspendierung (Absätze 5 und 6), den Rechtsschutz (Absatz 7) und die Löschungspflicht (Absatz 8) regelt. Daneben macht die Norm in Absatz 2 für die akustische
Wohnraumüberwachung (§ 100c StPO), die akustische Überwachung außerhalb von
Wohnungen (§ 100f StPO), den Einsatz besonderer technischer Mittel für Observationszwecke (§ 100h Abs. 1 Nr. 2 StPO) und den Einsatz Verdeckter Ermittler (§ 110a
StPO) gesetzliche Vorgaben für die Aktenführung. Den in § 101 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1
bis 12 StPO aufgeführten Ermittlungsmaßnahmen ist gemein, dass sie eine begangene Straftat und konkrete Hinweise auf den Täter oder die Tatbeteiligten voraussetzen. Es handelt sich - mit Ausnahme der vom Bundesverfassungsgericht für nichtig
erklärten Vorratsdatenspeicherung nach § 100g Abs. 1 StPO in Verbindung mit
§ 113a TKG (vgl. BVerfGE 125, 260) - somit nicht um eine anlasslose, verdachtsunabhängige Informationsbeschaffung mit großer Streubreite (vgl. zur Bedeutung dieser Kriterien für die Intensität von Grundrechtseingriffen BVerfGE 115, 320 <354>).
Darüber hinaus steht die Anordnung aller Maßnahmen - mit Ausnahme des § 100h
StPO, der außerhalb von Wohnungen die Erstellung von Bildaufnahmen des Beschuldigten sowie den Einsatz technischer Hilfsmittel für Observationszwecke regelt - unter Richtervorbehalt. Mithin sind die Maßnahmen, von denen Betroffene zu
benachrichtigen sein können, von einem Richter auf ihre Rechtmäßigkeit zum Zeitpunkt ihrer Anordnung geprüft und gebilligt worden.

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a) Nach § 101 Abs. 4 Satz 3 StPO unterbleibt die Benachrichtigung einer von einer
verdeckten strafprozessualen Ermittlungsmaßnahme betroffenen Person, wenn der
Benachrichtigung überwiegende schutzwürdige Belange einer anderen, von der

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