274 <338>; Gudermann, Online-Durchsuchung im Lichte des Verfassungsrechts,
2010, S. 208). Anders liegt es jedoch, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen,
dass kernbereichsbezogene Kommunikationsinhalte mit Inhalten verknüpft werden,
die dem Ermittlungsziel unterfallen, um eine Überwachung zu verhindern (vgl.
BVerfGE 109, 279 <328>; 120, 274 <338>).
In vielen Fällen ist es allerdings praktisch unvermeidbar, dass die Ermittlungsbehörden Informationen zur Kenntnis nehmen, bevor sie deren Kernbereichsbezug erkennen. In derartigen Fällen ist es verfassungsrechtlich nicht gefordert, den Zugriff wegen des Risikos einer Kernbereichsverletzung auf der Erhebungsebene von
vornherein zu unterlassen (vgl. BVerfGE 80, 367 <375, 381>; 120, 274 <338>). Ermittlungsmaßnahmen dürfen daher auch dann vorgenommen werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, jemand habe als Täter oder Teilnehmer
eine auch im Einzelfall schwer wiegende Straftat begangen, in Fällen, in denen der
Versuch strafbar ist, zu begehen versucht oder durch eine Straftat vorbereitet, wenn
die Aufklärung ansonsten wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre (vgl. BVerfGE
120, 274 <337 f.>).
211
In Fällen dieser Art ist es geboten, für hinreichenden Schutz in der Auswertungsphase zu sorgen (vgl. BVerfGE 120, 274 <337 f.>; Durner, in: Maunz/Dürig, GG,
Art. 10 Rn. 157 <Januar 2010>). Der Gesetzgeber hat durch geeignete Verfahrensvorschriften sicherzustellen, dass dann, wenn Daten mit Bezug zum Kernbereich privater Lebensgestaltung erhoben worden sind, die Intensität der Kernbereichsverletzung und ihre Auswirkungen für die Persönlichkeit und Entfaltung des Betroffenen so
gering wie möglich bleiben (vgl. BVerfGE 120, 274 <338>; Gudermann, OnlineDurchsuchung im Lichte des Verfassungsrechts, 2010, S. 209). Entscheidende Bedeutung hat insoweit die Durchsicht der erhobenen Daten auf kernbereichsrelevante
Inhalte. Ergibt die Durchsicht, dass kernbereichsrelevante Inhalte erhoben wurden,
sind diese unverzüglich zu löschen; eine Weitergabe oder sonstige Verwendung ist
auszuschließen (vgl. BVerfGE 109, 279 <324, 331 ff.>; 113, 348 <392>; 120, 274
<339>; Hömig, Jura 2009, S. 207 <212>).
212
b) Die in § 100a Abs. 4 Satz 1 StPO getroffene Regelung, nach der eine Maßnahme
zur Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation unzulässig ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch die Maßnahme allein
Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, erfüllt
die Anforderungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung auf der
Ebene der Informationserhebung.
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aa) Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung des § 100a Abs. 4 StPO ein zweistufiges Schutzkonzept entwickelt, um den Betroffenen vor Eingriffen in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung zu bewahren. § 100a Abs. 4 Satz 1
StPO ordnet an, dass eine zielgerichtete Erhebung kernbereichsrelevanter Daten unterbleibt. Kommt es dennoch - ohne dass dies im Vorfeld zu erwarten war - zu einer
Berührung des Kernbereichs, ist in § 100a Abs. 4 Sätze 2 bis 4 StPO eine Dokumen-
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