§ 101 Abs. 4 Sätze 3 bis 5 StPO unterlägen auch sonst offensichtlich keiner irgendwie gearteten Kontrolle und keiner Verpflichtung zu einer besonderen Dokumentation. Nach dem Gesetzeswortlaut könne sogar die Benachrichtigung der Zielperson
unterbleiben, wenn schutzwürdige Belange einer anderen betroffenen Person entgegenstünden. Da die Benachrichtigung für die Ermittlungsbehörden unangenehm sowie mit Schwierigkeiten und Arbeit verbunden sei, liege es nahe, dass das Ermessen
nach § 101 Abs. 4 Sätze 3 bis 5 StPO von den Ermittlungsbehörden einseitig ausgeübt würden.
bb) In Bezug auf § 101 Abs. 5 StPO sind die Beschwerdeführer der Ansicht, das Unterbleiben der Benachrichtigung, um einen weiteren Einsatz eines Verdeckten Ermittlers zu ermöglichen, stelle einen Eingriff in die Grundrechte aus Art. 103 Abs. 1 und
Art. 19 Abs. 4 GG dar. Dieser bedürfe einer Rechtfertigung und müsse dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Die in der Gesetzesbegründung getroffene
Unterscheidung zwischen einem nicht offen ermittelnden Beamten und einem Verdeckten Ermittler sei nicht nachvollziehbar, so dass die Zurückstellung der Benachrichtigung nicht mit personalwirtschaftlichen Erwägungen der beteiligten Behörde gerechtfertigt werden könne. Ebenso lasse der Gesetzgeber offen, was er unter der
Gefährdung bedeutender Vermögenswerte im Sinne des § 101 Abs. 5 Satz 1 StPO
verstehe.
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cc) § 101 Abs. 6 StPO sei verfassungswidrig, weil die Vorschrift nicht erkennen lasse, in welchen Fällen und unter welchen Umständen die bereits zwölf Monate nach
der Zurückstellung zulässige Prognose, dass die Voraussetzungen für eine Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht einträten, möglich sein solle. Eine einmalige gerichtliche Befassung genüge gerade bei
einer lange andauernden Zurückstellung der Benachrichtigung nicht den Erfordernissen, die an eine verfahrensmäßige Sicherung zu stellen seien.
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c) Die anwaltlich tätigen Beschwerdeführer zu 1., zu 4. bis 10., zu 12. und 13. sehen
sich durch § 160a Abs. 1 und 2 StPO in ihrem informationellen Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 sowie in Art. 10 und Art. 12
in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 GG verletzt. § 160a StPO differenziere in unzulässiger Weise zwischen dem Zeugnisverweigerungsrecht eines Verteidigers und eines
Rechtsanwalts und enthalte in Absatz 2 so unbestimmte Formulierungen, dass der
konkrete Gesetzesinhalt nicht mehr bestimmbar sei. Darüber hinaus wenden sie sich
gegen die Regelung des § 160a Abs. 4 StPO, die nunmehr ein nicht spezifiziertes
Beteiligungsverhältnis eines Strafverteidigers an der Tat seines Mandanten ausreichen lasse, um auch Ermittlungsmaßnahmen gegen den Berufsgeheimnisträger zu
rechtfertigen.
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Auch der nicht als Strafverteidiger tätige Rechtsanwalt sei ein Organ der Rechtspflege. Ihm obliege es, als unabhängiger Berater und Beistand im Rahmen seiner
freien und von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Berufsausübung seinem Mandanten umfassend beizustehen. Voraussetzung hierfür sei ein Vertrauensverhältnis
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