sichtlich auch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 12
Abs. 1 und Art. 13 GG eingeschränkt.
b) aa) Durch die Erweiterung des Straftatenkatalogs des § 100a Abs. 2 StPO werde
das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG ausgehöhlt. Die Telefonüberwachung, die ursprünglich als ultima ratio konzipiert worden sei, sei nunmehr zur Verfolgung nahezu
aller Verbrechen und sogar einfacher Vergehen zulässig.

126

bb) Die Neuregelung des § 100a Abs. 4 Satz 1 StPO, die eine Überwachung der
Telekommunikation für unzulässig erkläre, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür
vorlägen, dass hierdurch allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, habe im Umkehrschluss zur Folge, dass die Maßnahme
zulässig sei, wenn auch Erkenntnisse aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung miterfasst würden. Insbesondere sei nicht explizit vorgeschrieben, dass eine
Maßnahme abzubrechen sei, wenn in einem Telefongespräch dem Kernbereich der
privaten Lebensgestaltung zugehörige Aussagen gemacht würden.

127

cc) Der in § 100f StPO geregelte „kleine Lauschangriff“ sei zwar wohl grundsätzlich
zulässig. Gleichwohl seien die Regelungen verfassungswidrig, weil auch außerhalb
von Wohnungen der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung durch die Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes verletzt sein könne. Zudem seien die
strafprozessualen Grundsätze des fairen Verfahrens, des „nemo tenetur se ipsum accusare“ und der Unschuldsvermutung verletzt.

128

dd) Die Regelung des § 110 Abs. 3 StPO, wonach die Durchsicht eines elektronischen Speichermediums bei dem von der Durchsuchung Betroffenen auch auf hiervon räumlich getrennte Speichermedien, soweit auf sie von dem Speichermedium
aus zugegriffen werden könne, erstreckt werden dürfe, sei wegen ihrer Unbestimmtheit verfassungswidrig. Zudem verstoße die Regelung gegen die Grundrechte des
unbeteiligten Dritten aus Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 13 Abs. 1 GG, dessen Wohnung
offenkundig ohne richterlichen Beschluss im Einzelfall in die Durchsuchung mit einbezogen werde.

129

ee) Der Beschwerdeführer zu 1. im Verfahren 2 BvR 236/08 als Rechtsanwalt und
die Beschwerdeführer zu 2. und 3. im Verfahren 2 BvR 236/08 als Ärzte sehen sich
überdies durch die in § 160a StPO vorgesehene Möglichkeit des Abhörens von Telefongesprächen mit Zeugnisverweigerungsberechtigten nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
StPO in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verletzt. Dem Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant, das nicht weniger wiege als das zwischen Abgeordnetem und Bürger, komme
eine überragende Wichtigkeit zu. Der Mandant müsse sich nicht nur gegenüber seinem Strafverteidiger sondern auch in Anbahnungssituationen oder bei zivilrechtlichen Fragen ohne Einschränkungen auf das Vertrauensverhältnis zu seinem zeugnisverweigerungsberechtigten Rechtsanwalt verlassen dürfen. Dies gelte ebenso für
das Vertrauensverhältnis zwischen einem Arzt und seinen Patienten, das ohne staatliche Beeinflussung und die Furcht vor Abhörmaßnahmen aufgebaut werden müsse.

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