– 21 –
Das Verwaltungsgericht Berlin ist allerdings dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt (Urteil vom 18.06.2015,
VG 2 K 176.14 - juris). Der Kläger habe nach dem IFG einen Anspruch auf die begehrten Auskünfte. Bei der
Ausgabe von Hausausweisen handele es sich um eine Verwaltungstätigkeit des Bundestages, nicht um spezifisch parlamentarisches Handeln (vgl. Kasten zu Nr. 2.1.3). Das gelte auch, soweit die Parlamentarischen Geschäftsführer die Anträge über die Vergabe von Hausausweisen zeichnen und damit befürworten. Die Freiheit
des Abgeordnetenmandats sei nicht betroffen. Die Zahl der vergebenen Hausausweise und die Liste mit den
Namen der Verbände ließen keine Rückschlüsse zu, welcher Parlamentarische Geschäftsführer welcher Fraktion
für welchen Verband gezeichnet habe. Auch ein Rückschluss auf die Namen einzelner Abgeordneter oder Vertreter der Verbände sei nicht hinreichend wahrscheinlich (VG Berlin, a. a. O., Rdn. 30).
Auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat am 20. November 2015 in einem presserechtlichen
Eilverfahren bestätigt, dass der Deutsche Bundestag verpflichtet ist, einem Pressevertreter Auskunft darüber zu
geben, an welche Verbände, Organisationen und Unternehmen in der laufenden Legislaturperiode auf Grund der
Befürwortung von Fraktionen Hausausweise erteilt worden sind, um wie viele es sich handelt und welche Fraktion dies jeweils befürwortet hat (Beschluss vom 20.11.2015, OVG Berlin-Brandenburg 6 S 45.15 - juris):
Dem geltend gemachten Auskunftsanspruch steht nach Ansicht des Gerichts die Wahrnehmung des freien Bundestagsmandats nicht entgegen. Die in Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes geschützte Freiheit des Mandats
umfasse zwar auch das Informationsbeschaffungsverhalten der Bundestagsabgeordneten als Teil des parlamentarischen Willensbildungsprozesses. Die begehrten Auskünfte ließen aber keine Rückschlüsse darauf zu, ob
bzw. wie häufig einzelne Abgeordnete mit Interessenvertretern zu Gesprächen in den Räumen des Bundestages
zusammenkämen. Dies gelte auch für die Parlamentarischen Geschäftsführer, die lediglich stellvertretend für
ihre Fraktion die Anträge auf Erteilung von Hausausweisen befürworteten. Daher sei nicht ersichtlich, dass die
Auskunftserteilung das Kommunikationsverhalten einzelner Abgeordneter beeinträchtigte oder das Recht der
Interessenvertreter auf informationelle Selbstbestimmung verletzt sein könnte (OVG Berlin-Brandenburg,
a. a. O., Rdn. 14).
Die Bundestagsverwaltung hat daraufhin offengelegt, welche Interessenvertreter über einen Hausausweis im
Bundestag verfügen. Die Zugangsregeln für Interessenvertreter sollen nun überarbeitet werden, um mehr Transparenz zu schaffen.
Kasten zu Nr. 2.1.3
Auszüge aus dem Urteil des VG Berlin vom 18.06.2015 - VG 2 K 176.14 - Rdn. 22 - 24
Rdn. 22
Der Deutsche Bundestag ist in Bezug auf die begehrten Informationen auskunftspflichtige Behörde. Der Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG liegt kein organisationsrechtlicher, sondern ein funktionaler Behördenbegriff
zugrunde (BVerwG, Urteile vom 27. November 2014 - BVerwG 7 C 19.12 und BVerwG 7 C 20.12 - juris
Rdn. 17, vom 15. November 2012 - BVerwG 7 C 1.12 - juris Rdn. 22 und vom 3. November 2011 - BVerwG
7 C 3.11 - juris Rdn. 11 ff.). Eine Behörde ist demnach jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, was sich wiederum nach materiellen Kriterien bestimmt (BVerwG, Urteil vom 15. November 2012, a. a. O. Rdn. 22). Bei der Abgrenzung zwischen Verwaltungstätigkeit und parlamentarischer Tätigkeit des Deutschen Bundestages zeigt die Gesetzesbegründung
(BT-Drs. 15/4493, S. 7), dass der Gesetzgeber nur den „spezifischen Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten (insbesondere Gesetzgebung, Kontrolle der Bundesregierung, Wahlprüfung, Wahrung
der Rechte des Bundestages und seiner Mitglieder - z. B. in Immunitätsangelegenheiten, bei Petitionen und bei
Eingaben an den Wehrbeauftragten -, parlamentarische Kontakte zu in- und ausländischen sowie supranationalen Stellen)“ vom Informationszugang ausnehmen wollte.