Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

„Also, das Sachgebiet ‚360 Grad‘ gibt es seit ganz langer Zeit. Das gibt es nicht erst
seit Snowden und weiß ich was, sondern das gibt es seit vielen, vielen Jahren. Das
liegt in dem gesetzlichen Auftrag begründet, der Spionageaktivitäten jeglichen Staates
umfasst, und da wird nicht differenziert. Unterschiede gibt es sicherlich in der Intensität der Bearbeitung; keine Frage.“1693
Was unter dem Arbeitsfeld des Sachgebiets zu verstehen sei, hat er wie folgt erläutert:
„360 Grad umschreibt, dass man alle Dienste oder alle Länder - - deren nachrichtendienstliche Aktivitäten in und gegen Deutschland beobachtet.“1694
Im Hinblick auf die Aufgabenabgrenzung zu den anderen Sachgebieten hat der Zeuge Wingerath dargelegt:
„[…] die befassen sich mit anderen Ländern. Unter diesem Sachgebiet ‚360 Grad‘ –
das klingt nur so abwertend – ist quasi dann wirklich der Rest.“1695
Bei diesem „Rest“ habe es sich zum damaligen Zeitpunkt um 155 Länder gehandelt, unter denen auch die
Five Eyes-Staaten gewesen seien.1696 Dies hat der Präsident des BfV Dr. Hans-Georg Maaßen in seiner Zeugenaussage bestätigt:
„360-Grad-Blick bedeutet nicht, dass alle Staaten systematisch beobachtet werden,
sondern systematisch werden die Staaten bearbeitet, wo wir den Eindruck haben: Wir
sind in besonderer Weise Ziel nachrichtendienstlicher Ausspähung. Dazu haben wir
die Five Eyes nicht gezählt. Das heißt, sie fielen insoweit aus dieser systematischen
Bearbeitung heraus in den 360-Grad-Blick.“1697
Auf die Frage, ob es entsprechende Anlässe bei den Five Eyes-Staaten gegeben habe, hat sich der Zeuge
Frank Wingerath nur erinnern können, dass es eher Anlässe im HUMINT-Bereich gegeben habe. An anderer
Stelle hat er klargestellt:
„Ich habe nicht […] gemeint […], dass es keine Anhaltspunkte für irgendwie eine
technische Aufklärung seitens der Five-Eyes-Staaten gibt, sondern für das, was aus
meiner Sicht untersuchungsgegenständlich ist für anlasslose, also für konkrete, anlasslose Datenerhebungen.“1698
Auch der durch eine Buchveröffentlichung aus dem Jahr 19961699 in den Blick der Öffentlichkeit gerückte
ECHELON-Skandal [siehe dazu A.I.2.] habe nach Aussage des Zeugen Wingerath keinen konkreten Anlass
geboten. Er hat dazu geäußert:

1693)
1694)
1695)
1696)
1697)
1698)
1699)

Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 21.
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 66.
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 66.
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 67.
Dr. Maaßen, Protokoll-Nr. 102 I, S. 105 f.
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 75.
Nicky Hager, Secret Power, 1996, abrufbar unter www.nickyhager.info/Secret_Power.pdf; vgl. Echelon-Bericht, EP, A5 – 0264/200
vom 11. Juli 2001, S. 70 f.; MAT A BND-2/2g, Bl. 12 (81 f.).

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