Drucksache 18/12850
– 420 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
risierungen. Im Jahr 2008 wurde die Zahl der für Spionageabwehr zuständigen Gruppen von drei auf zwei reduziert, nachdem bereits in den Jahren zuvor das dort eingesetzte Personal deutlich verringert worden war.“1685
Der Präsident des BfV Dr. Hans-Georg Maaßen hat die Lage gleichermaßen erlebt. Die Leitung des BfV
habe er in einer Weise übernommen,
„[…] dass ich zur Kenntnis nehmen musste, dass die Spionageabwehr nicht mehr das
Kerngeschäft der Tätigkeit des Hauses war und damit auch personell unterbesetzt
war.“1686
Letztlich habe dies nach Angaben des Zeugen Dr. Even dazu geführt, dass man Schwerpunkte setzen musste:
„Die durch die eben beschriebene Personalreduzierung erforderliche Aufgabenpriorisierung führte zwangsläufig zu einer Differenzierung zwischen den unterschiedlichen
Akteuren mit der Folge unterschiedlicher Bearbeitungsintensität. Im Rahmen der Priorisierung haben wir versucht, die vorhandenen Ressourcen möglichst effektiv einzusetzen. Ein wesentliches Kriterium dabei ist die vom jeweiligen Akteur ausgehende
Gefährlichkeit, also ganz konkret die Beschädigung deutscher Interessen durch die
jeweiligen Spionageaktivitäten. Die aus unserer Sicht relevantesten Staaten sind nach
wie vor Russland, China und Iran - wie wir es auch in den Verfassungsschutzberichten
der letzten Jahre dokumentiert haben -, und auf die Aktivitäten dieser Staaten haben
wir deshalb unser Hauptaugenmerk gelegt.“1687
Dies zeigt sich dadurch, dass das BfV seinerzeit auf die Gefahr von Wirtschaftsspionage durch Staaten wie
China oder Russland hinwies.1688 Auch wurde vom BfV 2010 davor gewarnt, dass „die Nachrichtendienste
aus dem Iran, Sudan, aus Pakistan, vor allem aber aus Russland massiv versuchen würden, an Informationen
von Abgeordneten zu kommen“.1689 Auf die „klassischen“ Zielländer wurde zudem regelmäßig in den Verfassungsschutzberichten eingegangen.1690 Auch der MAD beobachtete vorrangig die „klassischen“ Zielländer.1691
b)
360-Grad-Sachgebiet im BfV
Für die nicht systematisch beobachteten Länder habe es nach Angaben des Zeugen Frank Wingerath seit
1992 ein sogenanntes 360-Grad-Sachgebiet gegeben.1692 Er hat dazu im Einzelnen ausgeführt:
1685)
1686)
1687)
1688)
1689)
1690)
1691)
1692)
Dr. Even, Protokoll-Nr. 100 I, S. 6.
Dr. Maaßen, Protokoll-Nr. 102 I, S. 105.
Dr. Even, Protokoll-Nr. 100 I, S. 6.
Beispielhaft Welt am Sonntag vom 21. Juni 2009, „Putins Konjunkturprogramm: Russische Agenten spionieren deutsche EnergieUnternehmen aus“; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Mai 2010 „Warnung vor Spionage“.
Berliner Kurier, 7. Dezember 2010 „Spionage-Alarm im Bundestag“.
Abzurufen unter https://www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfassungsschutzberichte.
Sprechempfehlung (reaktiv) sowie Hintergrundinformation für die 6. Sitzung des Verteidigungsausschusses am 19. Februar 2014,
MAT A BMVg-5/4a_5, Bl. 225 und 227.
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 65.