Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

Auch bei engen Bündnispartnern gibt es neben zum Teil sehr großen Gemeinsamkeiten bezüglich der nachrichtendienstlichen Ziele auch Bereiche mit gegenläufigen
staatlichen Interessen. Und hier ist immer ein nachrichtendienstliches Agieren gegen
deutsche Interessen einzukalkulieren.“1670
1.

Anlassbezogene Beobachtung der Five Eyes und dementsprechende Erkenntnislage
der Spionageabwehr vor den Snowden-Enthüllungen

Die Spionageabwehr hinsichtlich der Five Eyes-Staaten erfolgte bis zu den Snowden-Enthüllungen nur bei
konkreten Anhaltspunkten, das heißt anlassbezogen. Der Zeuge Dr. Burkhard Even, der seit Sommer 2007
die für Spionageabwehr zuständige Abteilung 4 im BfV leitet,1671 hat dazu gegenüber dem Ausschuss erklärt:
„Eine systematische Beobachtung, die immer auch sehr ressourcenintensiv ist, findet
bei Bündnispartnern grundsätzlich nicht statt. Bei besonders wichtigen Bündnispartnern spielt zudem der Aspekt der engen Zusammenarbeit eine besondere Rolle. Gerade
die USA sind ein ganz wichtiger Kooperationspartner, mit dem wir in vielen Bereichen
– im Übrigen auch im Bereich Spionageabwehr – sehr eng und sehr vertrauensvoll
zusammenarbeiten. Es ist aus meiner Sicht viel sinnvoller, die vorhandenen knappen
Ressourcen für die Kooperation mit Partnern als für deren systematische Beobachtung
einzusetzen. Allerdings ist das kein Freibrief für beliebige Aktivitäten unserer Partner.
Wenn wir konkrete Anhaltspunkte für Spionageaktivitäten ausländischer Nachrichtendienste haben, gehen wir dem nach. Dabei spielt die Frage, ob es sich möglicherweise
um einen engen Bündnispartner handelt, keine Rolle. Dies gilt für die Vergangenheit,
und das gilt auch aktuell.“1672
Der Zeuge Heinz Fromm, der von Juni 2000 bis Juli 2012 Präsident des BfV war, hat dies gegenüber dem
Ausschuss ähnlich beschrieben:
„Der gesetzliche Auftrag der Spionageabwehr bestand und besteht auch heute noch
darin, nachrichtendienstliche Aktivitäten ausländischer Staaten gegen die Bundesrepublik Deutschland aufzuklären und nach Möglichkeit zu beenden oder für deren Beendigung zu sorgen. Das galt und gilt seit der Wiedervereinigung grundsätzlich in Bezug auf alle ausländischen Dienste. Schon während meiner knapp zweijährigen Tätigkeit als Leiter des LfV Hessen Anfang der 90er-Jahre war mir von daher der Begriff
‚360-Grad-Blick‘ begegnet. Die Praxis der Verfassungsschutzbehörden orientierte
sich an Schwerpunkten. Das heißt, die Dienste von Partnerstaaten wie insbesondere
den EU-Mitgliedern und anderen wichtigen Verbündeten wie den Vereinigten Staaten

1670)
1671)
1672)

Dr. Even, Protokoll-Nr. 100 I, S. 6.
Dr. Even, Protokoll-Nr. 100 I, S. 5 f.
Dr. Even, Protokoll-Nr. 100 I, S. 6.

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