Drucksache 18/12850

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Am 17. Oktober 2016 entschied das IPT schließlich, die massenhafte Erfassung von Kommunikationsmetadaten (Bulk Communications Data) sowie die massenhafte Erfassung und Auswertung persönlicher Datensätze (Bulk Personal Datasets) verstießen in der Form, in welcher sie in der Vergangenheit praktiziert worden
seien, gegen Art. 8 EMRK, da keine ausreichenden Schutzmechanismen existiert hätten und diese Maßnahmen nicht hinreichend klar erkennbar gewesen seien.999
bb)

Data Retention and Investigatory Powers Act 2014 (DRIPA)

Im Juli 2014 verabschiedete das britische Parlament – nach nur viertägiger Beratung – den Data Retention
and Investigatory Powers Act 2014 (DRIPA), der am 17. Juli 2014 in Kraft trat.
Das ungewöhnlich zügige Gesetzgebungsverfahren hatte folgenden Hintergrund: Im Jahr 2007 hatte das Vereinigte Königreich die EU-Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung1000 umgesetzt. Dies war nicht mittels
eines Umsetzungsgesetzes erfolgt, sondern durch Erlass von Verwaltungsvorschriften, welche unmittelbar
auf der umzusetzenden EU-Richtlinie fußten – den Data Retention (EC Directive) Regulations. Im April
2014 hatte der Europäische Gerichtshof dann die EU-Richtlinie und damit die Grundlage der Data Retention
(EC Directive) Regulations für ungültig erklärt. Folglich fehlte es im Vereinigten Königreich an einer Rechtsgrundlage für die Vorratsdatenspeicherung. Der DRIPA sollte der unverzüglichen Behebung dieses Zustandes dienen und der Regierung Zeit für die Erarbeitung eines durchdachteren Gesetzes verschaffen. Dementsprechend wurde die Geltung des DRIPA bis zum Ende des Jahres 2016 befristet.
Am 17. Juni 2015 stellte der High Court of Justice auf eine Klage zweier britischer Abgeordneter hin fest,
dass der DRIPA teilweise gegen EU-Recht verstoße.1001 Zur Begründung führte der Gerichtshof aus, die
betreffenden Regelungen stellten nicht sicher, dass ein Datenzugang nur zur Verhinderung oder Entdeckung
schwerwiegender Straftaten erfolge. Zudem bemängelte der Gerichtshof, dass der Zugang zu den gespeicherten Daten nicht von einem Gericht oder einer unabhängigen Behörde genehmigt werden müsse. Der mit der
Berufung gegen diese Entscheidung befasste Court of Appeal wandte sich im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens an den Europäischen Gerichtshof (EuGH).1002 Am 21. Dezember 2016 bestätigte dieser die Auffassung des High Court of Justice.1003
cc)

Investigatory Powers Act (IPA)

Im November 2016 verabschiedete das britische Parlament den Investigatory Powers Act (IPA). Rechtzeitig
vor dem Ende der befristeten Geltung des DRIPA, nämlich am 29. November 2016, erlangte das Gesetz die

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1000)
1001)
1002)
1003)

IPT, Entscheidung vom 17. Oktober 2016, [2016] UKIPTrib 15_110-CH, abrufbar unter
http://www.bailii.org/uk/cases/UKIPTrib/2016/15_110-CH.html; siehe dazu das schriftliche Gutachten des Sachverständigen
Jaffey, MAT A SV-18, S. 5 f.
Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die
bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG.
High Court of Justice, Queen’s Bench Division, Divisional Court, Anordnung vom 17. Juli 2015.
Vgl. The Guardian (Onlineausgabe) vom 20. November 2015 „Data retention powers referred to European court”, S. 1.
EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2016, C-698/15.

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