Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Im November 2013 rief die Bürgerrechtsorganisation Privacy International die Kampagne „Eyes Wide
Open“ ins Leben, deren Zielsetzung es war, die Five Eyes-Kooperation aufzubrechen und für die Beachtung
rechtsstaatlicher Regeln in der internationalen nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit zu sorgen.982
Im Februar 2014 taten sich Privacy International, Liberty, Big Brother Watch, Open Rights Group und andere
britische und internationale Bürgerrechtsorganisationen zu der Kampagne „Don’t Spy on Us“ zusammen, um
gemeinsam gegen Massenüberwachung vorzugehen. Sie übten heftige Kritik an Feststellungen des Intelligence and Security Committee (ISC)983, wonach der GCHQ keine Massenüberwachung betreibe, und machten Vorschläge für eine Reform der Überwachungsbefugnisse britischer Behörden.984
Im weiteren Verlauf des Jahres 2014 beauftragte der britische Premierminister den Independent Reviewer of
Terrorism Legislation (IRTL) damit, einen Bericht über die Regelung und Handhabung der staatlichen Überwachungsbefugnisse im Vereinigten Königreich zu verfassen.985 Der IRTL ist eine durch den britischen Innenminister (Home Secretary) ernannte, unabhängige Person, deren Aufgabe es in erster Linie ist, dem britischen Parlament einmal pro Jahr über die Anwendung des im Jahr 2000 verabschiedeten Terrorism Act zu
berichten. Daneben kann der IRTL auch über spätere Gesetzgebung zur Terrorabwehr Bericht erstatten und
mit weiteren Aufgaben betraut werden.
Im März 2015 erklärte das ISC, die komplexe und veraltete Rechtslage müsse durch ein neues, einheitliches
Gesetz, das die Eingriffsbefugnisse der Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden des Vereinigten Königreichs regele, bereinigt werden.986 Bürgerrechtsorganisationen wie Open Rights Group machten demgegenüber geltend, das ISC selbst müsse reformiert werden. Insbesondere müsse es gänzlich unabhängig und gegenüber dem Parlament vollumfänglich verantwortlich sein. Darüber hinaus müsse es über den technischen,
rechtlichen und ethischen Sachverstand verfügen, der erforderlich sei, um staatliche Überwachungstätigkeiten wirksam beurteilen zu können. Schließlich solle es der Befolgung der Bürgerrechte mehr Aufmerksamkeit schenken.987
Im Mai 2015 veröffentlichten 38 britische Wissenschaftler einen gemeinsamen offenen Brief an die britische
Regierung, in dem sie diese aufforderten, sicherzustellen, dass jede Reform der Rechtsgrundlagen und insbesondere jede Ausdehnung der staatlichen Überwachungsbefugnisse vollständig und in transparenter Weise
vom Parlament beschlossen werde und die Öffentlichkeit sowie alle interessierten Parteien im Gesetzgebungsprozesss Gehör fänden.988
Im Juni 2015 erschien der im Jahr 2014 beauftragte Bericht des IRTL über die Regelung und Handhabung
der staatlichen Überwachungsbefugnisse im Vereinigten Königreich.989 Darin wurde moniert, der RIPA sei
mittlerweile so oft abgeändert worden, dass er nur noch einer kleinen Gruppe eingeweihter Personen verständlich sei. Zudem zeichne er sich durch eine Vielzahl alternativer Befugnisse aus, die zum Teil nicht durch
982)
983)
984)
985)
986)
987)
988)
989)
Schriftliches Gutachten des Sachverständigen Hayes, MAT A SV-7/1, S. 26.
Siehe zu diesem A.II.2.a)ee)ccc).
Schriftliches Gutachten des Sachverständigen Hayes, MAT A SV-7/1, S. 24 f.
Damit kam der Premierminister einem entsprechenden Auftrag aus dem im Jahr 2014 in Kraft getretenen Data Retention and Investigatory Powers Act nach. Zu letzterem siehe A.II.2.c)bb).
Schriftliches Gutachten des Sachverständigen Aldrich, MAT A SV-7/2a, S. 30.
Schriftliches Gutachten des Sachverständigen Aldrich, MAT A SV-7/2a, S. 30.
Schriftliches Gutachten des Sachverständigen Hayes, MAT A SV-7/1, S. 2.
Bericht „A Question of Trust“ des damals amtierenden IRTL David Anderson von Juni 2015, MAT A SV-7/2b.