Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/12850
brasilianische Stellen ausgespäht, darunter die Staatspräsidentin Dilma Rousseff, das Ministerium für Bergbau und Energie, brasilianische Botschaften und den staatlich kontrollierten Ölkonzern Petrobras.723 Brasilien sei Opfer von Wirtschaftsspionage724 und das meistausspionierte Land Lateinamerikas.725
In Folge dieser Veröffentlichungen sagte Dilma Rousseff eine geplante Reise nach Washington ab und
machte die berichtete NSA-Überwachung im September 2013 zum Thema ihrer Rede vor der UN-Vollversammlung.726
Am 1. November 2013 brachten Deutschland und Brasilien eine Resolutionsinitiative zum Thema „Das
Recht auf Privatheit im digitalen Zeitalter“ in den dritten Ausschuss der Generalversammlung der Vereinten
Nationen (VN-GV) ein, der diese am 26. November 2013 im Konsens annahm.727 Die Resolution wurde am
18. Dezember 2013 von der VN-GV verabschiedet.728 Darin wurde unter anderem erklärt, dass die gleichen
Rechte, die Menschen „offline“ haben, auch „online“ geschützt werden müssen, einschließlich des Rechts
auf Privatheit.
Im Übrigen nahm Brasilien die Berichte über die Abhörmaßnahmen der NSA zum Anlass, am 23. und
24. April 2014 in Sao Paulo eine internationale Multistakeholder-Konferenz zur Internet Governance zu veranstalten.729
Im Juli 2015 veröffentlichte WikiLeaks weitere Dokumente, welche die vorangehenden Vorwürfe untermauern sollten.730
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Belgien
Ab dem 16. September 2013 wurde in den Medien berichtet, Unbekannte seien in die Netzwerke des belgischen, halbstaatlichen Unternehmens Belgacom eingedrungen.731 Zu den Kunden von Belgacom zählten auch
EU-Institutionen.732 Kurz darauf wurde unter Berufung auf Snowden-Dokumente berichtet, für die Ausspähung, die den Codenamen „Operation Socialist“ trage, sei der britische Geheimdienst GCHQ verantwortlich.733
Nach einem Artikel von Glenn Greenwald auf der Website The Intercept, der über ein Jahr später erschien,
soll sich der GCHQ bei dieser Operation nicht nur Zugang zu den Dienstrechnern von Belgacom-Mitarbeitern, sondern auch zu privater Kommunikation der Belgacom-Kunden verschafft haben.734 Belgacom sei Opfer der Spionagesoftware REGIN [siehe dazu A.I.3.b)bb)] geworden.
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O Globo (Onlineausgabe) vom 6. Juli 2013 „EUA espionaram milhões de e-mails e ligações de brasileiros“, abrufbar unter http://oglobo.globo.com/mundo/eua-espionaram-milhoes-de-mails-ligacoes-de-brasileiros-8940934; Spiegel Online vom 8. Juli 2013
„Brasilien entrüstet sich über NSA-Spionage“, abrufbar unter http://www.spiegel.de/politik/ausland/nsa-skandal-brasilien-reagiertveraergert-auf-spionage-a-910011.html.
Spiegel Online vom 9. September 2013 „NSA späht Banktransfers und brasilianischen Ölkonzern aus“.
Spiegel Online vom 7. Juli 2013 „NSA spähte auch Brasilien massiv aus“.
Die Welt vom 24. September 2013 „Panamerikanische Konfrontation auf großer Bühne“.
Vgl. Vermerk des Auswärtigen Amts vom 6. Dezember 2013, MAT A AA-1/1i, Bl. 477.
Vereinte Nationen, Resolution der Generalversammlung – A/RES/68/167, MAT B Sek-15f.
Vgl. Vermerk des AA vom 2. Januar 2014, MAT A AA-1/1i, Bl. 279 ff.
WikiLeaks vom 4. Juli 2015 „Bugging Brazil“.
So z. B. Spiegel Online vom 16. September 2013 „Telefonanbieter der Europäischen Union gehackt“; De Standaard vom 17. September 2013 „Spionage bij Belgacom: wat weten we intussen?“.
Spiegel Online vom 16. September 2013 „Telefonanbieter der Europäischen Union gehackt“.
Spiegel Online vom 20. September 2013 „Britischer Geheimdienst hackte belgische Telefongesellschaft“.
The Intercept vom 13. Dezember 2014 „Operation Socialist“, MAT B Sek-16l.