Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1669 –
Drucksache 18/12850
bbb) Verantwortung der Bundesregierung für die Außenpolitik
Die Ausübung der dem Bund gemäß Art. 32 GG zukommenden Zuständigkeit für die auswärtige Gewalt „ist
eine Funktion der Regierung“.8985 In Anknüpfung an traditionelle staatsrechtliche Auffassung überantwortet
das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) der Regierung „im Bereich auswärtiger Politik einen weit bemessenen Spielraum zu eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung“.8986 Dementsprechend ist „die Rolle des
Parlaments schon aus Gründen der Funktionsgerechtigkeit in diesem Bereich beschränkt“.8987
Mit dem weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum der Bundesregierung für die Außenpolitik korrespondiert jedoch spiegelbildlich die Kontroll- und Informationsbefugnis des Parlaments und seiner Gremien.8988 Demgemäß können auch völkerrechtliche Verpflichtungen keine unmittelbare Schranke der parlamentarischen Kompetenzen begründen, da sie als solche keinen Verfassungsrang besitzen.8989 Aus dem Kontrollrecht des Bundestages folgt die Informationsverpflichtung der Bundesregierung, die unter bestimmten
Voraussetzungen, insbesondere im Zusammenhang mit Untersuchungsausschüssen, auch die Herausgabe
oder Ermittlung geheim gehaltener Informationen betreffen kann.
Allerdings schrieb das BVerfG in seiner neuesten, aus Anlass dieses Untersuchungsausschusses geprägten
und oben bereits kritisierten Rechtsprechung der Bundesregierung ein schutzwürdiges Interesse „an funktionsgerechter und organadäquater Aufgabenwahrnehmung“ zu,8990 das ausgerechnet im Bereich der parlamentarischen Kontrolle geheimdienstlicher Maßnahmen Ausnahmen vom Informationsanspruch rechtfertigen können soll.8991 Die Befugnis, unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung Informationen zurück zu
halten, ist allerdings aufwändig begründungspflichtig und betrifft zudem abgeschlossener Sachverhalte. Soweit eine akute Verletzung verfassungs- und völkerrechtlicher Bestimmung im Raum steht, die mit einem
Unterlassen oder Unterstützen von Regierungsstellen einhergeht, ist die Aufklärungs- und Kontrollfunktion
des Parlaments aktiviert.
ccc) Grundrechtliche Schutzansprüche
Nach Art. 1 Abs. 3 GG ist die Ausübung jeglicher hoheitlichen Gewalt an die Grundrechte gebunden. Eine
territoriale Beschränkung ist nicht vorgesehen. Auf diese wird die deutsche Staatsgewalt durch das Grundgesetz verpflichtet, unabhängig davon, wo sich ihre Handlungen oder Unterlassungen konkret auswirken.
Entsprechend verpflichten die Grundrechte die deutsche Staatsgewalt auch bezüglich im Ausland gelegener
Schutzgüter, soweit ein hinreichend konkreter Bezug zur eigenen hoheitlichen Tätigkeit vorliegt.
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BVerfGE 1, 372 (394); vgl. auch BVerfGE 68, 1 (85 f.); 90, 286 (357).
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Oktober 2016, Az. 2 BvE 2/15, Rn. 120.
Vgl. BVerfGE 104, 151 (207); 131, 152 (195).
Christoph Möllers (2017): Von der Kernbereichsgarantie zur exekutiven Notstandsprärogative: zum BND-Selektoren-Beschluss
des BVerfG, JZ 6/2017, S. 271 ff.
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Oktober 2016, Az. 2 BvE 2/15,
https://www.bverfg.de/e/es20161013_2bve000215.html, Rn. 112.
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Oktober 2016, Az. 2 BvE 2/15,
https://www.bverfg.de/e/es20161013_2bve000215.html, Leitsatz 4.
Zur Kritik: Christoph Möllers (2017): Von der Kernbereichsgarantie zur exekutiven Notstandsprärogative: zum BND-SelektorenBeschluss des BVerfG, JZ 6/2017, S. 271 ff.; Jelena von Achenbach/ Wolfgang Nešković (2016): Selektoren-Urteil des BVerfG:
Karlsruhe verzwergt das Parlament, verfassungsblog.de vom 21. November 2016; Heiner Busch (2017): Informationsrechte des
Parlaments ausgehöhlt, in: T. Müller-Heidelberg u. a. (Hrsg.): Grundrechte-Report 2017, S. 175 ff.