Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1667 –
Drucksache 18/12850
bewertet und dargestellt, warum das Unterlassen der Bunderegierung im Hinblick auf die Ergreifung wirksamer Maßnahmen zur Aufklärung, Kontrolle und Unterbindung völkerrechtswidriger Drohnenangriffe zugleich einen Verstoß gegen ihre verfassungsrechtlichen Pflichten darstellt.
a)
(Mit-)Verantwortung der Bundesregierung für den US-Drohnenkrieg
Der US-Drohnenkrieg begründet vor allem in Folge der essentiellen Bedeutung der US-Militärbasis
Ramstein einen Verantwortungszusammenhang für die Bundesregierung, den diese nicht wahrhaben will. Er
folgt sowohl aus verfassungs- wie völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesregierung, friedensstörenden und völkerrechtswidrigen Gewaltanwendungen entgegen zu wirken und auf seinem Hoheitsgebiet bzw.
für seine Exekutivorgane auszuschließen.
aa)
Verfassungsrechtliche Verpflichtungen
Das Grundgesetz steht der Anwendung von Waffengewalt durch ausländische Streitkräfte oder Nachrichtendienste nicht gleichgültig gegenüber. Es konstituiert den Staat als eine umfassende Friedens- und Ordnungsmacht und begründet in diesem verfassungsrechtlichen Rahmen Verantwortungs- und Zurechnungssphären
für die staatliche Gewalt. Im Hinblick auf den Einsatz bewaffneter Kampfdrohnen können diese sich sowohl
aus dem Friedensgebot des Grundgesetzes als auch aus dem Staatsorganisationsrecht, vor allem aber aus den
Grundrechten hergeleitet werden. Dabei steht das Grundgesetz tatbestandlich eng mit den allgemeinen völkerrechtlichen Bestimmungen in Zusammenhang, begründet aber darüber hinaus weitergehende innerstaatliche Bindungen für die Bundesregierung als das Völkerrecht.
aaa) Das Friedensgebot des Grundgesetzes
Das Friedensgebot des Grundgesetzes wird als Staatszielbestimmung verstanden, dessen normativer Gehalt
umstritten ist.8976 Es ergibt sich aus einer Reihe programmatischer, struktureller und inhaltlicher Einzelbestimmungen:
–
Der Präambel, die vom Willen der Bevölkerung berichtet, „dem Frieden der Welt zu dienen“,
–
dem in Art. 1 Abs. 2 GG ausgesprochen Bekenntnis zu den „Menschenrechten als Grundlage jeder
menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“,
–
dem Verbot des Führens oder Vorbereitens von Angriffskriegen und von „Handlungen, die geeignet
sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören“
in Art. 26 Abs. 1 GG,
–
dem Verbot von Vereinigungen, die sich „gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten“ in
Art. 9 Abs. 2 GG,
8976)
Skeptisch Alexander Proelß (2013): Das Friedensgebot des Grundgesetzes, in: Isensee/Kirchhoff (Hg.), Handbuch des Staatsrechts,
Band XI, 3. Auflage, C.F. Müller Heidelberg, S. 63-88 (65, 87); progressiv gewendet in der einfachgesetzlichen Ausgestaltung aber
kritisch beleuchtet bei Dieter Deiseroth (2009): Das Friedensgebot des Grundgesetzes und der UN-Charta, Betrifft Justiz Nr. 99,S.
143-149.