Drucksache 18/12850
– 1666 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
nungen sind demzufolge nicht nur gezielt erhobene Metadaten von Zielpersonen erforderlich. Genauso wichtig sind die Metadaten aller anderen Menschen, um eine möglichst große Datenbasis für die Bestimmung des
normalen und des davon abweichenden Verhaltens zu haben.
Für Programme wie Skynet gibt es gar keine unnützen Daten, denn alle erhobenen Daten – in diesem Fall
aus einer festgelegten Region – verfeinern das gewünschte Ergebnis. Vor diesem Hintergrund muss die Behauptung der Bundesregierung, sie gebe Daten weiter, die aber nicht zur Tötung von Menschen genutzt werden dürfen, völlig neu geprüft werden, denn angesichts dieser neuen Form der Zielfindung werden alle übermittelten Daten mittelbar zur Tötung durch Drohnen genutzt.
Die von The Intercept veröffentlichten Folien zu Skynet basieren auf Daten aus Pakistan. Dort sollen Schätzungen zufolge zwischen 2004 und 2015 insgesamt 2500 bis 4000 Personen durch US-Drohnenangriffe getötet worden sein.
Der Zeuge Berfuß, zwischen 2011 und 2014 in der Abteilung Islamismus/Terrorismus des BfV zuständig u.a.
für Auswertung und Beschaffung im Bereich Internet und danach Referatsgruppenleiter im Bereich Technische Aufklärung des BfV, gab im Ausschuss an, lediglich eine „sehr schwammige“ Vorstellung von DataMining zu haben, das Programm Skynet habe er gar nicht gekannt.8975 Angesichts der technischen Entwicklungen und gerade auch solcher Veröffentlichungen wie denen zu Skynet wirft das mindestens Fragen auf,
denen auch nach dem Abschluss des Untersuchungsausschusses nachzugehen sein wird.
5.
Rechtliche Verantwortung der Bundesregierung für den US-Drohnenkrieg
Die bisherigen Erkenntnisse über das US-Drohnenprogramm und die die Auswahl der Ziele, insbesondere
bei gezielten Tötungen, sowie im Hinblick auf die verursachten Opfer und zivilen Schäden führen zu dem
Schluss, dass der von den Vereinigten Staaten geführte Drohnenkrieg mit dem Völkerrecht und menschenrechtlichen Anforderungen in überwiegendem Maße nicht vereinbar ist. Daraus leitet sich ein Verantwortungszusammenhang für die Bundesregierung her, soweit diese über die Bereitstellung des Militärstützpunktes Ramstein oder gar die Übermittlung von Daten für die Zielerfassung zum Drohnenkrieg der USA Beihilfe
leistet. Diese nicht nur politische Verpflichtung der Bundesregierung folgt aus ihrer verfassungsrechtlichen
Stellung als für die Außenpolitik verantwortliches Exekutivorgan, aus grundrechtlichen Schutzpflichten sowie aufgrund völker- und menschenrechtlicher Anforderungen.
Die mit dem Drohnenkrieg einhergehende Ausweitung der Kampfzone und Infragestellung rechtlicher Standards bereiten den Boden für neue Dimensionen der Gewaltanwendung mit – immer häufiger automatisierten
– militärischen Mitteln, die den völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Mäßigung und Einhegung des Krieges
zu wider laufen und deswegen auch mit dem Friedensgebot des Grundgesetzes unvereinbar sind.
Im folgenden Abschnitt wird zunächst der verfassungs- und völkerrechtliche Rechtsrahmen für die Verantwortung der Bundesregierung skizziert, anschließend der US-Drohnenkrieg am Maßstab des Völkerrechts
8975)
Berfuß, Protokoll-Nr. 96 I, S. 31 f.