Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
X.

– 1625 –

Drucksache 18/12850

Das Versagen der Spionageabwehr im BfV

Wenn sich im Ergebnis des Untersuchungsausschusses diverse Verdachtsmomente auf Spionagetätigkeiten
der Five-Eyes-Staaten vom Handy der Kanzlerin bis hin zu Wirtschaftsunternehmen wie EADS belegen lassen, stellt sich zwangsweise die Frage nach der Funktionsfähigkeit der Spionageabwehr. Laut Gesetz ist hierfür das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zuständig, in dem es
„[…] Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften,
Nachrichten und unterlagen, über […]
2. Sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich
dieses Gesetzes für eine fremde Macht […]“8747
sammeln und auswerten soll.
Folgerichtig war die Rolle der Spionageabwehr auch Gegenstand des Untersuchungsauftrages, in dem u.a.
folgende Fragen aufgeworfen wurden:
„10. Welche Erkenntnisse über Art und Ausmaß derartiger Aktivitäten, die sich gegen
in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Wirtschaftsunternehmen richten, lagen
Stellen des Bundes wann vor?
11. Hätten Stellen des Bundes gegebenenfalls schon zu einem früheren Zeitpunkt von
derartigen Maßnahmen Kenntnis erlangen können beziehungsweise müssen? Gegebenenfalls welche Stellen wann?“8748
1.

Kein „360-Grad-Blick“

Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde der Bereich Spionageabwehr innerhalb des BfV umstrukturiert,
um sich an die neue Situation anzupassen. Neben diversen Referaten für einzelne Staaten gab es seit 1992
zusätzlich das sogenannte 360-Grad-Sachgebiet.8749 Dabei berichteten mehrere Zeugen übereinstimmend,
dass der Spionageabwehr offenbar keine allzu große Bedeutung mehr beigemessen wurde. Der Referatsgruppenleiter im Bereich Grundsatz, Proliferation und Spionageabwehr im BfV Frank Wingerath dazu:
„Sie müssen bitte sehen, dass die Ressourcen der Spionageabwehr begrenzt sind, stark
begrenzt sind. Sie wurden noch stärker begrenzt nach dem Fall der Mauer, nachdem
die DDR weggefallen ist als sicherlich wichtiges Land der Spionageabwehr. Die Ressourcen der Spionageabwehr wurden deutlich, deutlich gesenkt, immer weiter. Und
dann nach 2001 – muss man dann auch bitte sehen –, nach 9/11 bestand nicht unbedingt das allgemeine politische Bedürfnis, ausgerechnet die Amerikaner, ohne dass es

8747)
8748)
8749)

§ 3 Abs. 1 BVerfSchG.
Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Bundestagsdrucksache 18/843, S. 3.
Vgl. Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 64 ff.

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