Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1623 –
Drucksache 18/12850
nach dem Beweisantrag der Opposition davon erfahren zu haben. Aber fest steht, dass die zentrale Argumentation in der Erklärung Pofallas vom 12. August 2013, die NSA würden Gesetz und Recht in
Deutschland einhalten, inhaltlich falsch war.
4. Die Vertreter von BND und Bundesregierung hatten genügend Anlass, an den immer wieder wiederholten Versicherungen der US-Verhandlungspartner aus den Geheimdiensten zu zweifeln, die NSA halte
sich in Deutschland an Gesetz und Recht. Solche Zweifel waren geboten, weil die Chefs der US-Nachrichtendienste Hayden und Alexander immer wieder erklärten, die US-Dienste würden alle irgendwie
verfügbaren Informationen abgreifen und nutzen. Das Programm lautete: „Let’s collect the whole haystack (…) Collect it all, tag it, store it.“8745 Vor allem aber war der Presse und TV-Übertragungen zu
entnehmen, dass der Director of National Intelligence James Clapper bei einer öffentlichen Befragung
im US-Kongress am 12. März 2013 die Unwahrheit gesagt hatte. Auf die Frage des Senators Ron Wyden,
ob die NSA in den USA Daten von Bürgerinnen und Bürger massenhaft ausgespäht hatten, antwortete
er nach einigem Nachdenken mit: „No, Sir.“ Die Aussage war falsch. Später erklärte Clapper diese seine
Aussage damit, wie die Washington Post am 12. Juni 2013 berichtete, er habe geantwortet, was er für
das Glaubwürdigste hielt oder die am wenigsten unglaubwürdigste Weise, Nein zu sagen („I responded
in what I thought was the most truthful, or least untruthful manner, by saying no.“).8746 James Clapper
war der höchstrangige Vertreter der US-Geheimdienste und Gesprächspartner der Zeugen Fritsche, Heiß
und Schindler. Die Washington Post veröffentlichte dies am 12. Juni 2013 also nach den ersten Veröffentlichungen der Dokumente von Snowden, aber zwei Monate vor der Erklärung Pofallas. Danach durften die deutschen Gesprächspartner_innen nicht mehr davon ausgehen, dass die Beteuerungen der Vertreter_innen der US-Geheimdienste, diese würden sich in Deutschland an Gesetz und Recht halten, die
pure Wahrheit sind. Wer einmal lügt, dem kann man nicht ohne weiteres glauben.
5. Das Ausspähen des Mobiltelefons der Bundekanzlerin ist ein Verstoß gegen deutsches Datenschutzrecht.
Die geheimdienstliche Agententätigkeit durch eine fremde Macht ist strafbar. Die Beweisaufnahme hat
ergeben, dass dieser strafbewehrte Gesetzesverstoß zumindest bis zum Telefonat der Bundeskanzlerin
mit US-Präsident Obama Ende Oktober 2013 stattgefunden hat, denn sonst hätte der US-Präsident anders
reagiert als mit der Versicherung, in Zukunft werde solches unterbleiben.
6. Im Juli 2014 war bekannt geworden, dass der BND-Mitarbeiter Markus R. seit Jahren – vermutlich schon
seit 2008 – streng geheime Unterlagen – mindestens 218 Dokumente – hochbrisanten Inhalts wie etwa
eine Liste aller BND-Agenten im Auslandseinsatz oder das Protokoll eines vom BND abgehörten Telefonats der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton gegen Zahlung von 75.000 Euro an den USGeheimdienst verraten hatte. Wegen des Verrats im US-Auftrag durch diesen deutschen Mitarbeiter des
deutschen Nachrichtendiensts kam es nach Pressemeldungen inzwischen zu einer Verurteilung zu einer
Freiheitsstrafe von acht Jahren wegen des Verbrechens des Landesverrats. Der Fall macht mit größtmöglicher Deutlichkeit klar, dass US-Geheimdienste sich in Deutschland keineswegs an Gesetz und Recht
halten. Die nachrichtendienstliche Agententätigkeit für eine fremde Macht verstößt gegen deutsches
8745)
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Washington Post vom 14. Juli 2013, „For NSA chief, terrorist threat drives passion to ‘collect it all’“.
Washington Post vom 12. Juni 2013, „James Clapper’s ‘least untruthful’ statement to the Senate”.