Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1621 –
Drucksache 18/12850
Angebot tot war. Die USA mussten befürchten, dass daraufhin ihre anderen Partnerländer bis hin zu Russland
und China, vorstellig werden, um auch in den Genuss eines solchen Abkommens zu kommen. Was sie
Deutschland selbst angeboten und gewährt hatten, hätten sie anderen Staaten nicht verweigern können, ohne
erheblichen diplomatischen Ärger zu riskieren. Aber mit Theorie und Praxis der US-Geheimdienste sowie
ihrer Philosophie „we take all“ wären solche „No-Spy-Abkommen“ absolut unvereinbar und völlig ausgeschlossen gewesen. Gerade, dass der damalige Bundesinnenminister sowie der Kanzleramtschef so unbedarft
öffentlich mit dem angeblichen „Angebot“ umgingen, zeigt, dass beide selbst nicht an das Angebot und an
eine Realisierbarkeit glaubten. Wenn sie es ernst gemeint hätten, wäre es auch unverantwortlich gewesen.
Schon die öffentliche Verkündung des angeblichen Angebots hat offensichtlich dazu geführt, dass das Klima
der Gespräche mit NSA-Direktor Alexander signifikant schlechter geworden ist, wie BND-Präsident Schindler nach seinem Gespräch vom November 2013 berichtete.
Es gab also nie ein „Angebot“ für ein „No-Spy-Abkommen“, sondern Verhandlungen zur Erarbeitung einer
vertraulichen Vereinbarung der Geheimdienste NSA und BND für die konkrete Zusammenarbeit auf neuer
Grundlage und für eine öffentliche gemeinsame politische Erklärung von USA und Deutschland, die diese
Grundlagen abstrakt umschreiben sollte. Das wurde am 30. Oktober 2013 von den Abteilungsleitern Heusgen
und Heiß aus dem Kanzleramt einerseits und der Beraterin des US-Präsidenten Susan E. Rice und US-Geheimdienstkoordinator Clapper besprochen und in einem Vermerk festgehalten.
Es ging der Bundesregierung nicht darum, mit Verhandlungsgeschick ein „No-Spy-Abkommen“ zu erreichen, für das es kein Angebot – weder von US-Geheimdienstseite noch gar von der zuständigen Administration des Weißen Hauses gegeben hat, sondern Ziel der Erklärung vom 12. August 2013 war, mindestens bis
zur Bundestagswahl das lästige und peinliche Thema „Ausspähen der NSA unter Freunden“ vom Tisch zu
bekommen.
Was schadet es da, dass ein „No-Spy-Abkommen“ Deutschlands mit den USA bis heute nicht existiert und
auch nicht in Sicht ist.
b)
Keine Einhaltung von Recht und Gesetz in Deutschland
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass deutsches Recht und Gesetz entgegen allen Beteuerungen der NSA
verletzt wurden.
1. In ihrer Erklärungsnot nach der Veröffentlichung der Snowden-Dokumenten versuchte die Bundesregierung und insbesondere die Bundeskanzlerin geradezu händeringend ab Mitte Juli 2013 von der US-Seite
eine offizielle Bestätigung und Zusicherung zu erhalten, dass die US-Freunde tatsächlich deutsches
Recht auf deutschem Boden beachten. Unter Berufung auf den Wunsch der Kanzlerin gab es einen intensiven Schriftverkehr zwischen dem Sicherheitsberater Heusgen im Kanzleramt, das die Achtung der
deutschen Gesetze zur Schlüsselfrage der Beziehungen erklärte, und dem Weißem Haus, das diese Frage
und die Interpretation der deutschen Gesetze zunächst prüfen wollte. Es wurden Textvorschläge für ein
Abkommen getauscht. Bald stellte sich heraus, dass die US-Seite nicht daran dachte, deutsche Erwartungen, deutsche Bürger nicht auszuspähen, in Zukunft zu erfüllen und dies auch in der Vergangenheit
nicht getan hatte.