Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
In den folgenden Tagen verkündete auch der Regierungssprecher Seibert, es werde ein „No-Spy-Abkommen“ geben. Der damalige Innenminister Friedrich verstieg sich in der „Rheinischen Post“ wenige Tage
nach Pofallas Auftritt gar zu der Behauptung, noch vor der Bundestagswahl werde eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach die USA „uns als befreundete Nation nicht ausspionieren“.8740 Das führte zu erheblicher
„Verwunderung“ in der US-Botschaft und zur Mahnung, die öffentliche Debatte unter Kontrolle zu halten.8741
Ein weiteres Indiz dafür, worum es der Bundesregierung eigentlich ging: Nämlich um die bevorstehende
Bundestagswahl einen Monat später.
Schon gar nicht ergab sich aus Verhandlungen des Auswärtigen Amtes Ende Juli, Anfang August 2013 und
in den Monaten danach mit den US-Partnern ein Vorschlag für ein „No-Spy-Abkommen“. Die Verhandlungsführerin auf US-Regierungsebene, die National Security Council Senior Director Karen Donfried,
stellte rückblickend in einem Schreiben des Weißen Hauses vom 8. Januar 2014 für den gesamten Gesprächszeitraum klar:
„Dies wird kein No-Spy-Abkommen werden, und ich glaube, jeder hier auf unserer
Seite hat das auch fortwährend die ganze Zeit über klar zum Ausdruck gebracht“.8742
Noch deutlicher kann die Haltung der US-Seite in allen Gesprächen nicht zum Ausdruck gebracht werden,
dass ein „No-Spy-Abkommen“ weder vorgeschlagen, noch zugesagt noch überhaupt Gesprächsthema war,
wenn die diplomatische Höflichkeit noch halbwegs gewahrt wird.
Es ist lediglich über eine politische Erklärung zur Zusammenarbeit beider Nachrichtendienste und über ein
Kooperationsabkommen gesprochen worden.
Solche Abkommen zur Zusammenarbeit der USA gab es mit den „Five Eyes“-Staaten. Aber auch mit diesen
Ländern, die in Sicherheitsbereichen mit den USA traditionell so eng verbunden sind, wie kein anderes Land,
gab und gibt es kein „No-Spy-Abkommen.“ Das bestätigte der Zeuge Schindler in seiner Befragung vor dem
Ausschuss.8743 Auch dies spricht und sprach schon im August 2013 entscheidend dagegen, dass ausgerechnet
Deutschland nun ein solches Abkommen angeboten wurde. Selbst mit Großbritannien, dem Staat, mit dem
die USA die engste Kooperation im Geheimdienstbereich pflegt, haben die USA kein Abkommen, das die
gegenseitige Überwachung vollständig ausschließt.
Der für Geheimdienstangelegenheiten zuständige Bundesminister Pofalla kann an ein solches völlig ungewöhnliches, ja einmaliges Angebot auch gar nicht geglaubt haben. Sonst hätte er dieses angebliche „Angebot“ für ein „No-Spy-Abkommen“ vielleicht im geheim tagenden PKGr mitgeteilt, aber keinesfalls am
12. August 2013 öffentlich verkündet und in eine weltweit verbreitete schriftliche Erklärung aufgenommen
– und auch noch mit dem Zusatz ein solches „No-Spy-Abkommen“ sei stilbildend. Ihm als gewiefter Berufspolitiker und Geheimdienstminister musste klar sein, dass in dem Augenblick, in dem er ein solches Angebot
öffentlich macht und sogar noch als „stilbildend“, also beispielhaft, für westliche Dienste bezeichnete, das
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Rheinische Post vom 16. August 2013 „Interview mit dem Bundesinnenminister Friedrich: ‚Stolz auf unsere Geheimdienste‘„;
Vorabmeldung dpa vom 15. August 2013, „Rheinische Post: Friedrich rechnet mit No-Spy-Abkommen noch vor der Wahl“.
E-Mail von James Melville an Christoph Heusgen (BKAmt) vom 15. August 2013, MAT A BK-1/7b, Bl. 497 f.
Zitiert nach: Süddeutsche Zeitung vom 9. Mai 2015, „All the best“.
Schindler, Protokoll-Nr. 50 I, S. 122.