Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1577 –
Drucksache 18/12850
Beispiel in einem Krisengebiet, in einem Zielgebiet wir zu wenige BND-eigene Selektoren hatten, dann haben wir da draufgeguckt. Aber es gab keinen Regelautomatismus, keine bestimmten Abstände“.8522
Auch aufgrund der fehlenden Möglichkeit zur Herstellung der Lesbarkeit konnte eine Durchsicht aller Inhalte
nicht stattfinden. Dies wird besonders erheblich, da der BND zum Teil nicht überblicken konnte, nach welchen Daten die NSA suchte. In einigen Fällen waren bereits die NSA-Selektoren für die BND-Mitarbeiter_innen nicht lesbar. Auch eine Deutung bzw. Begründung der NSA für den Einsatz des jeweiligen Selektors
fehlte in den meisten Fällen bzw. war nicht lesbar, wodurch eine Überprüfung der Selektoren teilweise von
vornherein ausgeschlossen war. Das gegenseitige – und unseren Ergebnissen nach nicht gerechtfertigte –
Vertrauen der Geheimdienste auf die Rechtmäßigkeit der eingesetzten Selektoren kann eine Überprüfung der
ausgeleitenen Daten nicht ersetzen. Im Ergebnis wusste der BND nicht, welche Daten er an die NSA übermittelte. Dies ist als klarer Rechtsverstoß zu werten.
Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass andere Ergebnisse erzielt werden, die mit dem ursprünglichen Suchbegriff in nur geringem oder auch keinem tatsächlichen Zusammenhang stehen und lediglich als „Beifang“
mitausgeleitet wurden. Dem hätte der BND bereits im Vorfeld eine vollständige und einzelfallbezogene Erforderlichkeitsprüfung der übermittelten Inhalte entgegenhalten müssen.8523
cc)
Mangelnde Zweckgebundenheit
Die übermittelten Informationen waren zudem nicht ausreichend zweckgebunden. Da der BND häufig nicht
wusste, was er übermittelte, konnte er den Zweck nicht weiter konkretisieren. Im Schriftverkehr verwendet
der BND routinemäßig einen „Disclaimer“, der die Nutzung der übermittelten Daten allgemein auf nachrichtendienstliche Zwecke beschränkte und bestimmte Verwendungen untersagte.
Ob ein Disclaimer bei automatisierten Übermittlungen von Inhaltsdaten verwendet wurde, ist zu bezweifeln.
Bei Metadatenübermittlungen haben dies BND-Zeugen ausdrücklich ausgeschlossen mit dem Hinweis, die
Daten müsste man ja sonst ausdrucken. Dies gilt selbstverständlich auch für die millionenfache Übermittlung
der „Treffer“. Ohnehin kann ein solcher „Disclaimer“ zweifelsfrei keine Zweckbindung begründen. Ein solch
pauschaler „Disclaimer“ hebt vor allem nicht die Verantwortung des BND auf, die Verwendung der übermittelten Daten auch zu überprüfen und stets einzufordern.
10.
Behinderung der Bundesbeauftragten für den Datenschutz
a)
Behinderungen durch das Bundeskanzleramt
Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat im Verlauf der SnowdenEnthüllungen umfangreiche Bemühungen zur Aufklärung möglicher missbräuchlicher Datenverarbeitungen
durch bundesdeutsche Geheimdienste entfaltet. Dabei ist sie mehrfach wiederholt und massiv insbesondere
8522)
8523)
R. U., Protokoll-Nr. 47 I, S. 22.
zitiert nach https://netzpolitik.org/2016/geheimer-pruefbericht-der-bnd-bricht-dutzendfach-gesetz-und-verfassung-allein-in-badaibling/.