Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1575 –
Drucksache 18/12850
„Grundsätzlich ist es so, dass wir die einzelnen übergebenen Daten nicht dokumentieren (…) Wir wissen, wo es herkommt, aber es wird nicht separat dokumentiert.“8513
Zudem erklärte er, der BND wisse nicht, wie viele Daten übermittelt wurden. Es handelt sich bei der hier in
Rede stehenden Übermittlung eben auch nicht mehr um einzelne wenige Daten. Es handelt sich hier klar um
einen Verstoß gegen §§ 9 Abs. 2 BNDG i.V.m. 19 Abs. 3 S. 3 BVerfSchG. Das rechtwidrige Verhalten wird
durch die fehlende Dokumentation verschleiert. Eine vollständige Aufklärung und eine datenschutzrechtliche
Kontrolle wurden verhindert.
Aufgrund der massenhaften Anzahl von NSA-Selektoren ist jedoch davon auszugehen, dass auch die daraufhin ausgeleiteten und vorgehaltenen Treffer-Daten massenhaft vorliegen. Der BND-Mitarbeiter T. B. erklärte, dass die Selektoren „zwei-, drei-, viermal am Tag“8514 von den amerikanischen Servern aktiv abgeholt
und nach automatisierter G 10-Prüfung ohne hinreichende Einzelfallprüfung in die Erfassungssysteme eingestellt werden. Nach Zeugenaussagen setzte der BND dabei rund 14 Millionen Selektoren für die NSA ein,
mit denen er die erfassten Datenströme durchsuchte, um die damit erzielten Treffer samt der damit zusammenhängenden Metadaten direkt an die NSA zu übermitteln.8515 Treffer von IP-Verkehren sind dabei im
Millionenbereich übermittelt worden.8516
bb)
Unzureichende Erforderlichkeitsprüfung
Die Übermittlung ausgefilterter personenbezogener Daten wäre – wie auch bei den Metadatenübermittlungen
– zudem nur gemäß den Vorgaben der § 9 Abs. 2 BNDG i. V. m. § 19 Abs. 3 BVerfSchG zulässig gewesen.
(vgl. oben Kapitel V.9.a)ff)) Der BND hat jedoch nicht in ausreichendem Maße geprüft, ob die jeweiligen
Datenübermittlungen der Inhaltsdaten zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich waren. Insbesondere fanden hierfür keine qualifizierten Einzelfallprüfungen statt. Eine generelle, d. h. ausnahmslose Übermittlung
ist mit dieser gesetzlichen Vorgabe nicht zu vereinbaren. Vor allem berief sich der BND auf die vorherige
Überprüfung der NSA-Selektoren.8517 Diese war jedoch – wie in Kapitel V.8 gezeigt – unzulänglich. Selbst
in der Annahme, dass der BND diese vollständig hätte überpüfen können, hätte dies nicht die notwendige
separate Überprüfung einer Erforderlichkeit für die Datenübermittlungen der „Treffer“ ersetzen können. Problematisch ist vor allem jedoch auch, dass die Daten tatsächlich in der Praxis mittels materiell unzulässiger
Selektoren abgegriffen wurden, die zum Teil gegen deutsches Recht und Grundrechte verstießen und daher
nie hätten verwendet werden dürfen.
Indem der BND in großem Umfang nicht erforderliche Inhaltsdaten an die NSA übermittelte, griff er in das
Fernmeldegeheimnis sowie in Persönlichkeitsrechte und speziellere Grundrechte ein.
8513)
8514)
8515)
8516)
8517)
H. K., Protokoll-Nr. 81 I, S. 9.
T. B., Protokoll-Nr. 20 I, S. 29.
W. K., Protokoll-Nr. 118 I, S. 22f.
Löwnau, Protokoll-Nr. 72 I, S. 32.
H. K., Protokoll-Nr. 81 I, S. 8.