Drucksache 18/12850
– 1564 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Der BND verhinderte folglich schon im Ansatz eine Rekonstruktion und somit auch Überprüfbarkeit seiner
Handlungen.
Zudem hätte der BND „unvollständig oder unrichtig“ übermittelte personenbezogene Daten „unverzüglich
gegenüber dem/der Empfänger/in (…) berichtigen“8431 müssen. Da der BND bereits die Übermittlung nicht
aktenkundig machte, konnte er jedoch auch eine solche Nachberichtspflicht nicht leisten.
Die fehlende Protokollierung stellt einen weiteren Rechtsverstoß dar. Aufgrund der Heimlichkeit der Maßnahmen ist ihre Protokollierung durch den BND jedoch umso bedeutsamer.
Als die BfDI im Oktober 2014 bei ihrem Kontrollbesuch in Bad Aibling die in der Datenbank VERAS enthaltenen G 10-gekennzeichneten Metadatensätze einsehen wollte, war ihr dies aufgrund der Datenmenge
schier unmöglich. Selbst als sie die Anzeige von 90 Tagen auf den geringstmöglichen Zeitraum von lediglich
einem Tag reduzierte, war die Trefferzahl mit über 15.002 Treffern zu groß, um noch angezeigt werden zu
können.8432 Wenn nicht einmal solche G 10-Metadaten wegen der großen Menge überprüfbar waren, wie
sollte dies bei denen aus Ausland-Auslandsverkehren, die nach Angaben von BND-Zeugen ein Vielfaches
der G 10-Daten ausmachten, möglich sein.
ggg) Keine Kenntnis des BND über Umfang der erhobenen und übermittelten Daten bis
2013
Der BND betreibt eine exzessive Form der Vorratsdatenspeicherung und besaß dennoch bis zum Spätsommer
2013 keine Kenntnis über den konkreten Umfang erhobener und übermittelter Daten an die NSA. Dies wurde
den BND-Mitarbeiter_innen bewusst, als Der Spiegel und Spiegel Online am 29. und 30. Juni 2013 im Zusammenhang mit den Snowden-Veröffentlichungen zum Programm BOUNDLESS INFORMANT konkrete
Zahlen der Überwachung durch die NSA veröffentlichten.8433 Danach soll die NSA über 500 Milionen Metadaten pro Monat aus Deutschland erhalten haben. So sagte die Zeugin Dr. H. F. aus:
„Als Herr Snowden das Thema ‚Kooperation‘ überhaupt aufs Tapet gebracht hat, haben wir angefangen, uns mit der Zusammenarbeit zwischen der Dienststelle in Bad
Aibling und der NSA auseinanderzusetzen, weil ja relativ schnell, wenige Tage danach, die ersten Anfragen der BfDI bei uns auf dem Tisch gelandet sind.“8434
Das öffentliche Bekanntwerden des enormen Ausmaßes versetzte den BND in große Aufregung. Offiziell
erfolgten im Jahr 2012 lediglich drei Übermittlungen von Daten aus der strategischen Fernmeldeaufklärung
nach dem Artikel 10-Gesetz, die insgesamt 11 G 10-Meldungen betrafen.8435 Bis zu jenem Zeitpunkt gab es
im BND, wie bereits gezeigt, nicht einmal Kenntnis, geschweige denn eine Dokumentation über Art und
Umfang der massenhaft weitergeleiteten Daten aus der Ausland-Ausland-Aufklärung.
8431)
8432)
8433)
8434)
8435)
Vgl. DV Übermittlung, Nr. 5.3, MAT A BND-6b, Bl. 106 (VS-NfD).
siehe 1, A, IV), zitiert nach https://netzpolitik.org/2016/geheimer-pruefbericht-der-bnd-bricht-dutzendfach-gesetz-und-verfassungallein-in-bad-aibling/.
Spiegel Online vom 30. Juli 2013, „NSA überwacht 500 Millionen Verbindungen in Deutschland“, http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/nsa-ueberwacht-500-millionen-verbindungen-in-deutschland-a-908517.html.
H. F., Protokoll-Nr. 121, S. 18.
Bericht des PKGr über Beschränkungsmaßnahmen nach den §§ 3, 5, 7a und 8 G 10-Gesetz für 2012, Bundestagsdrucksache 18/218
vom 19. Dezember 2013, S. 9: Übermittlungen nach § 7a G 10.