Drucksache 18/12850
– 1562 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
eee) Keine Zweckbindung für Weiterverwendung durch NSA
Gemäß § 9 Abs. 2 BNDG i. V. m. § 19 Abs. 3 S. 4 BVerfSchG ist der Empfänger „darauf hinzuweisen, dass
er die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwenden darf, zu dem sie ihm übermittelt wurden und dass
der Bundesnachrichtendienst sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Daten
zu bitten.“8417 Die Übermittlung von Daten an staatliche Stellen im Ausland unterliegt den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätzen von Zweckänderung und Zweckbindung.8418
Der BND übermittelte die Metadaten ohne eine solche Zweckbindung an die NSA. Auf die Frage, ob in der
Praxis in Bad Aibling bei den Datenübermittlungen ein sog. Disclaimer verwendet werde, um die Zweckbindung zu erreichen, verneinte dies der Zeuge J. Z.:
„Es wird ja der Datenstrom übermittelt. Wir haben ja jetzt kein Dokument, wo wir das
noch drunter drucken können, sonst müssten wir die Sachen ja vielleicht ausdrucken.
Also, nein, das ist nicht erfolgt.“8419
Ein Disclaimer werde nur im Schriftverkehr genutzt.
Weiterhin gaben einige Zeugen bei der Befragung an, dass es keine konkreten Anhaltspunkte für eine Missachtung der Zweckbindung gäbe. Grund hierfür ist vor allem, dass der BND bis zum Spätsommer 2013 in
den seltensten Fällen um Auskunft über die vorgenommene Verwendung bat und somit auch nie überprüfte,
auf welche Art und Weise die NSA die Daten für welche Zwecke verwendete. Eine Vergewisserung wäre
jedoch auch nach der Rechtsprechung des BVerfG geboten gewesen. So ist bei der Beurteilung der neuen
Verwendung, auf die Eigenständigkeit der anderen Rechtsordnung zu achten. „Eine Übermittlung von Daten
ins Ausland verlangt eine Vergewisserung darüber, dass ein hinreichend rechtsstaatlicher Umgang mit den
Daten im Empfängerstaat zu erwarten ist.“8420 Dies ist besonders kritisch zu werten vor dem Hintergrund, da
es nicht vollumfänglich nachvollziehbar ist, für welche Daten sich die NSA tatsächlich interessierte und wie
sie diese verwendete. Die NSA hatte kein Interesse daran, den BND darüber vollends aufzuklären. Dabei
lagen dem BND – wie auch jedem Zeitungsleser auch – Hinweise auf eine missbräuchliche Verwendung der
Daten seitens der NSA und anderer US-Dienste vor (siehe Kapitel XII – Beteiligung Deutschlands am USDrohnenkrieg).
Datenübermittlungen sind gleichsam nur zulässig, solange sie an Staaten weitergegeben werden, in denen
ein Datenschutzniveau gewährleistet ist, das mindestens dem der Bundesrepublik Deutschland entspricht und
die Verwendung der Daten durch die NSA „in einer adäquaten rechtsstaatlichen Art und Weise erfolgt“.8421
8417)
8418)
8419)
8420)
8421)
Vgl. DV Übermittlung, Nr. 3.2.3, MAT A BND-6b, Bl. 96 (VS-NfD); MAT A BND-40a, Bl. 11 (VS-NfD).
BVerfGE 141, 220-378, Ls. 3, https://www.bverfg.de/e/rs20160420_1bvr096609.html.
J. Z.; Protokoll-Nr. 14 II – Auszug offen, S. 75.
BVerfGE 141, 220-378, Ls. 3, https://www.bverfg.de/e/rs20160420_1bvr096609.html.
Papier, Beschränkungen der Telekommunikationsfreiheit durch den BND an Datenaustauschpunkten, NVwZ-Extra 15/2016, S. 1
(14), abrufbar unter http://rsw.beck.de/rsw/upload/NVwZ/NVwZ-Extra_2016_15.pdf.