Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wie irrelvant der „Beifang“ aus den G 10-Verkehren letztlich über die gesamte Dauer der Operation EIKONAL für den BND war, zeigen auch die Anordnungen des BMI selbst. In ihnen werden auch bei jeder Verlängerung die „Ergebnisse“ des vorangegangenen Zeitraums präsentiert. Dem Ausschuss lagen die für EIKONAL genutzten G 10-Anordnungen für den Zeitraum November 2005 bis Anfang Januar 2008 vor. Als Output der Überwachung der paketvermittelten Telekommunikation enthielten aus Sicht der Auswertung des
BND nur eine handvoll Fernmeldeverkehre „nachrichtendienstlich relevante Informationen zu Auslandssachverhalten“. Diese wurden ausschließlich im Zeitraum Mai bis Oktober 2006 festgestellt.8109 Im Ergebnis
hatte die Maßnahme also null Relevanz für den BND. Mit anderen Worten war diese G 10-Maßnahme völlig
untauglich, überflüssig und hätte schnellstmöglich eingestellt werden müssen. Die G 10-Maßnahme und damit auch die massenhaften Grundrechtseingriffe – denn zu Erfassungen kam es sehr wohl, wie auch in den
öffentlichen Berichten des PKGr nachlesbar ist – waren ein von Anfang an geplanter „Beifang“. Die (vermeintliche) Auslandskommunikation war der Hauptfang.
Auch der Umstand, dass der BND schließlich eine G 10-Anordnung im Gefahrenbereich „Internationaler
Terrorismus“ beantragte8110 und nicht, wie ursprünglich vorgeschlagen im Gefahrenbereich „Proliferation“,8111 zeigt, wie beliebig und zweitranging die eigentliche G 10-Anordnung war. Ziel war die Zugriffsmöglichkeit auf die Auslandsverkehre aus dem Telekom-Knoten für EIKONAL.
Fest steht nach der Beweisaufnahme, dass ohne eine G 10-Anordnung die Datenquelle für die begehrten
Internetverkehre aus dem Knoten der Telekom in Frankfurt am Main für BND und NSA versiegt wäre. Dies
hätte voraussichtlich ein sofortiges Ende der Operation EIKONAL bedeutet.
cc)
Sicht der G 10-Kommission
Nach der Aussage des langjährigen Vorsitzenden der G 10-Kommission, des Zeugen de With, war ihm bzw.
der G 10-Kommission damals nicht bewusst, dass das eigentliche Ziel der G 10-Anordnung von Oktober
2005 der Abgriff von reinen Auslandsverkehren war. Auch von einer Kooperation des BND mit der NSA,
bei der Daten aus einem Frankfurter Netzknoten der Telekom gemeinsam bearbeitet werden sollten, wusste
der Zeuge de With nichts, sondern hat erst aus der Zeitung davon erfahren.8112 Ihm seien weder die Operation
EIKONAL noch rechtliche Bedenken oder Diskussionen vor der Durchführung der Operation zu Ohren gekommen.8113
Auf den Vorhalt der handschriftlichen Notiz auf der Präsidentenvorlage vom 21. Oktober 2005 nach der
Sitzung der G 10-Kommission tags zuvor, bei der die G 10-Anordnung genehmigt worden war (s. o. unter
bb) – Eigentliche Absichten des BND gegenüber der G 10-Kommission verschleiert), hat der Zeuge de With
ausgesagt:
8109)
8110)
8111)
8112)
8113)
Details siehe in: MAT A BMI-11 (Tgb.-Nr. 44/14 – GEHEIM).
Details siehe in: MAT A BMI-11 (Tgb.-Nr. 44/14 – GEHEIM).
Unterrichtungsvorlage für AL6/BK vom 27. Oktober 2004, MAT A BND-17/3_Auszug_offen, Bl. 11-13 (12).
de With nannte den Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom 4. Oktober 2014, „Codewort Eikonal“.
de With, Protokoll-Nr. 43 I, S. 109, 110.