Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1459 –

Drucksache 18/12850

von Papier, in der G 10-Entscheidung für Satellitenüberwachungsanlagen auf deutschem Gebiet 1999 bejaht,
da es „eine technisch-informationelle Beziehung zu den jeweiligen Kommunikationsteilnehmern und ein[en]
– den Eigenarten von Daten und Informationen entsprechender – Gebietskontakt hergestellt“ sah.7889 Ein
Knotenpunkt lässt sich sehr konkret verorten; der Datenfluss erfolgt durch deutsches Territorium und nicht
abgelegenen Luftraum.
„Setzt der BND für die Überwachung bei einem Kabelende oder einem Netzknoten
innerhalb Deutschlands an, so besteht danach ein territorialer Bezug zur Bundesrepublik.“7890
Nach der für das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung entwickelten Dogmatik, die das BVerfG mit
dem G 10-Urteil auf Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis übertragen hat, bezieht sich bei der Telekommunikationsüberwachung der Eingriff nicht nur auf die Erhebung von Daten, sondern auch auf die weitere Verarbeitung und Übermittlung.7891 Mit dieser Logik mehrstufiger Eingriffe ist nicht singulär auf einen einzelnen
Ort innerhalb des Datenflusses abzustellen; vielmehr können mehrere Orte grundrechtlich relevant werden,
wenn an ihnen Erhebungs-, Verarbeitungs- oder sonstige Schritte durchgeführt werden.
Der Wortlaut von Art. 10 Abs. 1 GG hebt mit dem „Fernmeldegeheimnis“ die besondere Schutzbedürftigkeit
von Kommunikation während einer Übermittlung hervor und stellt eben gerade auf den Transportweg der
Daten und dessen spezifische Unsicherheiten ab.7892 Zentral ist die Distanz im Kommunikationsverhältnis,
unabhängig davon über welche Leitungen die Verkehre transportiert werden. Sie birgt gerade die spezifische
Gefahr einer Datenübermittlung. Bei der rechtlichen Bewertung des Abgriffs ist daher auch auf den Ort des
Abgriffs abzustellen. Hier ist der deutsche Betreiber Organisator des Datentransports und Frankfurt Standort
der Ausleitung an den BND. Der Standort des Abgriffs ist kein „zufälliges“ 7893 Kriterium, sondern an rechtliche Gegebenheiten geknüpft. Davon geht auch der BND aus:
„Im Ausland kann er [der BND] keine deutschen Provider – – – kann er keine Provider
verpflichten. Er braucht eigenen technischen Unterbau und Zugang. Damit sieht er
sich immensen Herausforderungen im technischen Bereich gegenüber, Vielfalt der
verschiedenen Dienste, der Datenmengen.“7894
Der jeweils angesprochene Betreiber ist jedenfalls im Inland an die deutsche Rechtsordnung gebunden. Bei
der Ausleitung werden die Datenströme am Frankfurter Knotenpunkt gedoppelt und an einem inländischen

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BVerfGE 100, 313-403, https://www.bverfg.de/e/rs19990714_1bvr222694.html, dort Rn. 176; vgl. Papier, MAT A SV-2/2, S. 7;
Bertold Huber, BND-Gesetzreform – gelungen oder nachbesserungswürdig?, in: ZRP 2016, S. 162 (163); Johannes Caspar, Strategische Auslandsüberwachung – Jenseits der Grenze des Rechtsstaats?, in: PinG 2014, H. 1, S. 4.
Bäcker, MAT A SV-2/3., S. 18, vgl. BVerfGE 100, 313-403, https://www.bverfg.de/e/rs19990714_1bvr222694.html, Ls.2, Rn.
190 f.
Vgl. BVerfGE 100, 313-403, https://www.bverfg.de/e/rs19990714_1bvr222694.html, Rn. 164; BVerfGE 110, 33 – 76,
https://www.bverfg.de/e/fs20040303_1bvf000392.html Rn. 106; BVerfGE 125, 260 (323),
http://www.bverfg.de/e/rs20100302_1bvr025608.html, Rn. 191, BVerfGE 130, 151 – 212,
https://www.bverfg.de/e/rs20120124_1bvr129905.html, Rn. 169.
Vgl. LAG Berlin-Brandenburg, NZA-RR 2011, S. 342 (343): „Art. 10 Abs. 1 GG trägt gerade der Besonderheit Rechnung, dass
für den Kommunikationsteilnehmer keine technischen Möglichkeiten vorhanden sind, das Entstehen und die Speicherung von
Verbindungsdaten durch den Nachrichtenübermittler zu verhindern oder auch nur zu beeinflussen.“
D. Kreuter/A. K. Möbius, Verfassungsrechtliche Vorgaben für nachrichtendienstliches Handeln im Ausland: Extraterritoriale Getung der Grundrechte? in: BWV HEFT 7 Juli 2009., S. 146 (148).
A. S., Protokoll-Nr. 41 I, S. 104.

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