Drucksache 18/12850
– 1446 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
„ein MoA oder MoU (…) ja einen deutlich niederen Rechtscharakter hat [als ein] völkerrechtlichen Vertrag“.7832
Auch das Bundeskanzleramt meinte, es handele sich weder um eine völkerrechtliche Vereinbarung, die der
Aufbewahrung im politischen Archiv des Auswärtigen Amts würdig sei,7833 noch um einen der Zustimmung
des Bundestages bedürftigen Vertrag zur Regelung politischer Beziehungen des Bundes.7834
Das beurteilen wir anders.
aa)
MoA ist kein bloßes Verwaltungsabkommen und wäre als solches auch unwirksam
Das MoA ist unbestritten auch nach Auffassung der Bundesregierung ein zwischenstaatlicher völkerrechtlicher Vertrag im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Grundgesetz. Rechtswirkung maß die Bundesregierung dem MoA
u.a. schon deshalb bei, weil darin die US-Seite ihre Bindung an deutsches Recht und Gesetz wie verlangt
anerkannte.
Das MoA ist real kein bloßes Verwaltungsabkommen gemäß Satz 2 jener Norm, dessen Abschluss keiner
parlamentarischen Beteiligung bedurft hätte. So allerdings handhabte es 2002 die Bundesregierung, um die
Mitwirkung des Bundestages fernzuhalten.7835 Das war u. E. schon formell unzulässig. Denn der Abschluss
eines solchen Verwaltungsabkommens hätte einer Ermächtigung des Bundespräsidenten bedurft; dies ergibt
sich schon klar aus dem Wortlaut des Art. 59 Abs. 1 S. 2 GG. Argumentative Versuche, die entgegengesetzte
Regierungspraxis zu rechtfertigen durch eine unterstellte „stillschweigende Ermächtigung“ des Bundespräsidenten,7836 vermögen nicht zu überzeugen. Eine solche Ermächtigung hat der Bundespräsident in allgemeiner Form erst mit Schreiben vom 11. August 2004 erteilt,7837 also erst nach Abschluss des MoA.
Abgesehen davon hätte das MoA als ein angenommenes Verwaltungsabkommen aber zumindest einer Zustimmung des Bundesministers des Auswärtigen bedurft.7838 Solche förmliche Zustimmung des AA indes
unterblieb unseres Wissens damals aber. Folglich war bzw. wäre das MoA als Verwaltungsabkommen schon
formell unwirksam.
aaa) Das MoA als politischer Regelungs-Vertrag
Wir hingegen beurteilen das MoA als Vertrag zur Regelung politischer Beziehungen des Bundes sowie zugleich mit innerstaatlichen Rechtswirkungen: also gemäß beiden Alternativen des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG.
7832)
7833)
7834)
7835)
7836)
7837)
7838)
Schindler, Protokoll-Nr. 54 I, S. 24.
Gemäß § 10 GAD, http://www.gesetze-im-internet.de/gad/__10.html.
Gemäß Art. 59 Abs. 2 GG, http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_59.html.
Sehr kritisch zu solcher Neigung der Regierungspraxis: Maunz/Dürig/Nettesheim, 78. Ergänzungslieferung September 2016, GG
Art. 59, Rn. 101, FN 3 m. w. N: am Beispiel von militärischen Ausrüstungshilfeabkommen.
So allerdings – jedenfalls noch 1984 – auch BVerfGE 68, 1 (82 f. = Rn. 136); dagegen äußert etwa Michael Schweitzer (Staatsrecht,
Völkerrecht, Europarecht, 2010, S. 55 f, Rn. 135 ff. „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“, „Verschiebung des Kompetenzgefüges ist mit Art. 79 Abs. 1 GG nicht vereinbar“; „nicht überzeugt“ auch Pieper, in: Beck’scher Online-Kommentar (BeckOK)
GG/Pieper, [32. Ed. 1. März 2015], GG Art. 59 Rn. 45.1 mit Verweis auf die ja bestehende explizite Delegationsmöglichkeit in
Art. 60 Abs. 3 GG; generell ablehnend auch Calliess in: Isensee, Kirchhoff (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der BRD, Band IV,
2006 § 83 Rn. 19.
Zitiert nach Pieper in BeckOK GG/Pieper, [32. Ed. 1. März 2015], GG Art. 59, Rn. 46.
Gemäß § 72 Abs. 2 GGO iVm § 11 Abs. 2 GOBReg; ebenso Pieper in BeckOK GG/Pieper, [32. Ed. 1. März 2015], GG Art. 59,
Rn. 46; vgl. BVerfG, LKV 2007, 509 (510 aE) [„...formal wirksam in die deutsche Rechtsordnung transformieren“]; weitere Nachweise bei Fastenrath, DÖV 2008, S. 697 (700, Rn. 38 f.)