Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1443 –

Drucksache 18/12850

Die „Vertrauensperson“ der Bundesregierung, Graulich, stellte in ihrem Schlussbericht ähnlich fest, die NSA
habe „qualitativ gravierende Verstöße“ gegen das MoA begangen, sich damit „nicht nur vertragswidrig verhalten“, sondern „bündnispolitisch prekär“ auch „die deutsche Position gegenüber ihren europäischen Partnern potentiell gefährdet“.7822
c)

MoA als Rechts-/Arbeitsgrundlage bei Umsetzung im BND ignoriert

Wir haben den Eindruck gewonnen, dass die Sachbearbeiter des BND bis in Leitungsebenen hin Inhalte,
Vorgaben und Begrenzungen des MoA bei dessen praktischer Umsetzung mit der NSA entweder nicht kannten oder aber jedenfalls ignorierten, erst recht nicht im Detail die für Datenerfassung und -Übermittlung
eigentlich maßgeblichen Gesetzesgrundlagen (v. a. Artikel 10-Gesetz, BDSG, BNDG mit Verweis auf
BVerfSchG). Dieser Befund entspricht nach der Vernehmung zahlreicher BND-Zeugen demjenigen zum
Auftragsprofil der Bundesregierung (APB), welches als entscheidende Arbeitsgrundlage des BND dort
ebenso unbekannt war bzw. praktisch ignoriert wurde.
Dieser erschreckende Zustand wurde mitverursacht dadurch, dass weder die Fachaufsicht des Bundeskanzleramts noch die BND-Spitze spezifische Weisungen erließ für die praktische Umsetzung des MoA. Folglich
blieb dies den Sachbearbeitern und Anwendern im BND unklar, so dass diese weitgehend nach Gutdünken
verfahren mussten bzw. konnten.
d)

Parlamentarisches Kontrollgremium über MoA nicht, zu spät und zu wenig informiert

Die Bundesregierung war seit jeher verpflichtet, das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages für
die Kontrolle der Nachrichtendienste (PKGr) „umfassend über die allgemeine Tätigkeit“ der Nachrichtendienste „und über Vorgänge von besonderer Bedeutung“ zu unterrichten.7823
Wir haben Anlass zu der Annahme, dass die Bundesregierung diese Unterrichtungspflicht verletzt hat bzgl.
Abschluss des MoA durch den BND sowie der sukzessiven Umsetzung des MoA. Dies waren zweifellos
„Vorgänge von besonderer Bedeutung“, welche die Unterrichtungspflicht auslösten.
Ob solche Unterrichtungen des PKGr überhaupt erfolgten, wie Regierungsvertreter gern behaupten, ob dies
real unterblieb oder ggf. wann und wie sie erfolgten: All das darf hier nicht dargestellt werden, weil es der
Geheimhaltungspflicht des PKGr über derlei unterliegt.7824

7822)
7823)
7824)

Zitiert nach Süddeutsche.de vom 30. Oktober 2015, „NSA jubelte BND deutsche Spähziele unter“, http://www.sueddeutsche.de/politik/geheimdienst-affaere-nsa-jubelte-bnd-deutsche-spaehziele-unter-1.2715253 [letzter Abruf: 16. Juni 2017]; Zur NSA-Selektorenproblematik siehe Abschnitt V.8. Verstöße bei Verwendung von NSA-Selektoren.
So § 4 PKGrG seit 1999; früher entsprechend gemäß § 2 PKK-G.
§ 10 PKGrG.

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