Drucksache 18/12850

– 1442 –

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die BfDI hat sich in ihrem Sachstandsbericht vom 30. Juli 2015 zur BND-/NSA-Kooperation in Bad Aibling
nebst zugehöriger rechtlicher Bewertung vom 15. März 2016 ebenfalls kritisch mit dem MoA als deren
Grundlage befasst.7816 So kritisierte sie, dass offenbar der Annex III (Punkt 5.3.2) die Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes bzw. dessen Datenübermittlungs-Vorschriften abbedingen und ersetzen wolle. Ferner
kritisierte die BfDI, dass weder im MoA noch anderswo der BND der NSA vor Aufnahme der Überwachungs-Zusammenarbeit in Bad Aibling auferlegt habe, Zugangsrecht und Kontroll-Kompentenz der BfDI
anzuerkennen und zu unterstützen.7817 Außerdem kritisierte die BfDI die vom BND in Bad Aibling praktizierte „Prüfung und Genehmigung von Zutrittsberechtigungen für das NSA-Personal entsprechend des im
MoA festgelegten Verfahrens (MOA, Annex V, 4.1)“.7818
b)

Ziel der NSA bei Abschluss und Durchführung des MoA

Wir haben aufgrund unserer Sichtung der Akten, ohne deren Details hier wiedergeben zu dürfen, Anlass zu
der Annahme, dass die NSA mit ihrem – Mitte 2001 überraschenden7819 – Angebot eines MoA vor allem
darauf zielte, Zugang zur Erfassung von kabelgestützter Telekommunikation am Frankfurter Kabelknoten zu
bekommen und damit Zugang zu europäischen Glasfaserkabeln zu erhalten: so wie dies später real mit der
Operation EIKONAL dort praktiziert wurde. Diese Motivation hielten auch die ab Sommer 2001 mit den
Verhandlungen befassten Zeugen aus BND und Bundeskanzleramt für möglich bis naheliegend. Ab wann
der BND und auch das Bundeskanzleramt diese Motivation als sicher erkannten und billigten, können wir
nicht exakt terminieren; sie war aber ausweislich der Akten dem BND-Präsidenten vor Unterzeichnung des
MoA am 28. April 2002 bekannt.7820
Dieses Bestreben hat der ehemalige Präsident des österreichischen Verfassungsschutzes, Gert Polli, dahin
bewertet, die NSA habe „Deutschland über den Tisch gezogen“:7821
„In der NSA-Affäre hat man dem BND vorgeworfen, die Politik nur unzureichend
über die Kooperation mit der NSA informiert zu haben. Aus meiner Sicht hat die NSA
die Kooperation mit dem BND bewusst überspannt und damit auch Deutschland über
den Tisch gezogen. Es ist richtig, dass der BND sich nach 09/11 zu stark auf die NSA,
aber auch auf die Zusammenarbeit mit der CIA abgestützt hat. Die Leiter dieser Behörde konnten jedoch davon ausgehen, dass die enge Kooperation mit der NSA politisch gewollt und damit abgesegnet war. Dass das Kanzleramt im Nachhinein davon
spricht, nicht ausreichend informiert worden zu sein, ist nur die halbe Wahrheit.“

7816)
7817)
7818)
7819)
7820)
7821)

zitiert nach https://netzpolitik.org/2016/geheimer-pruefbericht-der-bnd-bricht-dutzendfach-gesetz-und-verfassung-allein-in-badaibling/#Teil-1-A-VI-1-a [letzter Abruf: 16. Juni 2017].
zitiert nach https://netzpolitik.org/2016/geheimer-pruefbericht-der-bnd-bricht-dutzendfach-gesetz-und-verfassung-allein-in-badaibling, dort unter Suchwort „MoA“ [letzter Abruf: 16. Juni 2017].
zitiert nach https://netzpolitik.org/2016/geheimer-pruefbericht-der-bnd-bricht-dutzendfach-gesetz-und-verfassung-allein-in-badaibling, dort unter Suchwort „MoA“ [letzter Abruf: 16. Juni 2017].
Vgl. die im Feststellungsteil F.III.5 unter a) zitierten Zeugenaussagen damals Beteiligter.
Fechner, Protokoll-Nr. 41 I, S. 20 f.; Breitfelder, Protokoll 30 II – Auszug offen, S. 73 f., 94.
Gert R. Polli, „Die NSA hat Deutschland über den Tisch gezogen“, http://www.gertpolli.com/en/gert-polli/articles-en/55-“die-nsahat-deutschland-über-den-tisch-gezogen“.html [letzter Abruf: 16. Juni 2017].

Select target paragraph3