Drucksache 18/12850
– 1436 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Diese vom Gericht gerügte massenhafte Sammlung betrifft aber, wie oben dargestellt, lediglich den von dem
Vierten Zusatzartikel geschützten Bereich, also die Inhaltskommunikation von US-Personen. Die massenhafte „kollaterale“ Abschöpfung der weltweiten Kommunikation Dritter ist nach wie vor ungebremst.
7.
Menschenrecht auf Privatheit
Aufgrund der Art und Weise wie Kommunikation heute funktioniert und organisiert ist, sowie aufgrund global vernetzter Geheimdienste, ist das Recht auf Privatheit besonders auch in seiner menschenrechtlichen
Ausprägung bedeutend.
Am 5. Juli 2014 hörte der 1. Untersuchungsausschuss des 18. Deutschen Bundestages auf Grundlage von
Beweisbeschluss SV-4 die drei Sachverständigen Stefan Talmon, Helmut Philipp Aust und Douwe Korff an.
Thema der Anhörung war die
„Regelungslage nach Europarecht und Völkerrecht (einschließlich EMRK und zwischenstaatlicher Abkommen) im Untersuchungszeitraum zur Erhebung, Speicherung
auf Vorrat und Weitergabe von Daten aus und über Telekommunikationsvorgänge und
Internetnutzung aller Art von Privatpersonen und öffentlichen Stellen durch staatliche
Stellen des Bundes oder Stellen der Staaten der sog. Five Eyes bzw. in deren Auftrag
handelnde Dritte, einschließlich der Frage, aus welchen Regelungen sich Beschränkungen oder ein Verbot staatlicher Spionagetätigkeit ergeben können oder durch welche Regelungen derartige Tätigkeiten gegebenenfalls legitimiert sind“.7798
Strittig war während der Anhörung insbesondere der räumliche und persönliche Geltungsbereich des Menschenrechts auf Privatsphäre (Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, EMRK und Art. 17 des
Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, IPBPR) und damit die Frage, ob die Überwachung von Ausland-Ausland-Kommunikation sowohl vom Territorium eines Staates aus als auch extraterritorial überhaupt einen Eingriff in das genannte Recht darstellt. Strittig war darüber hinaus die Frage, wann –
wenn man einen solchen Eingriff bejahte – eine Menschenrechtsverletzung vorliege, weil die Anforderungen
an die Gesetz- und Verhältnismäßigkeit von Überwachungsmaßnahmen verfehlt würden. Für die Internetund Telekommunikationsüberwachung durch Geheimdienste fehle es, so der Sachverständige Talmon, an
„aussagekräftigen Entscheidungen“ des zur Überwachung der Einhaltung des IPBPR berufenen Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen.7799
Drei Monate zuvor hatte der UN-Menschenrechtsausschuss in seinen abschließenden Bemerkungen zum
Staatenbericht der USA die bekannt gewordenen Überwachungsprogramme der NSA und das mangelhafte
Aufsichtsregime deutlich kritisiert. Gerügt wurde, dass auch mit der sog. Presidential Policy Directive 28 die
Diskriminierung von Nicht-US-Bürger_innen fortbestehe, die Gerichtsbarkeit des Foreign Intelligence Surveillance Court im Geheimen stattfinde und das Kontrollregime einen effektiven Rechtsschutz für betroffene
Personen verfehle. Die USA wurden aufgefordert ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten:
7798)
7799)
Beweisbeschluss SV-4.
Talmon 2014, S. 50.