Drucksache 18/12850
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– 1418 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Konsultationsverfahren und Third-Party-Rule
Große Teile des Untersuchungsauftrags konnten nicht bzw. nicht angemessen untersucht werden, weil die
Bundesregierung die meisten Akten mit Bezug zu den Staaten der Five Eyes zurückhielten. Sie sieht sich
durch Vereinbarungen zwischen Nachrichtendiensten wie etwa das Memorandum of Agreement von 20027736
gebunden, die festlegen, dass beide Partner zustimmen müssen, bevor Informationen über die in den Vereinbarungen festgelegten Kooperationen an Dritte weitergegeben werden können.7737 Der Bundestag wird so als
‚Dritter‘ definiert, mit der Folge, dass die Bundesregierung die Zustimmung bspw. der US- oder der britischen Regierung einholt, bevor sie Unterlagen über möglicherweise rechtswidrige Aktivitäten deutscher
Nachrichtendienste an einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss übergibt.
„Die Bundesregierung hält es für erforderlich – und rechtlich verpflichtet fühlt sie sich
–, Konsultationsverfahren mit den Staaten der „5-Eyes“, soweit es Unterlagen betrifft,
die den Untersuchungsgegenstand betreffen und die Arbeit dieses Untersuchungsausschusses, auch durchzuführen.“7738
Das bezieht sie sogar auf Akten, die durch deutsche Stellen erstellt wurden:
„Und es sind natürlich auch geheimhaltungsbedürftige Informationen, die in deutschen
Unterlagen stehen. Also dabei muss man sich vorstellen, dass es natürlich Besprechungen mit den Vertretern dieser Dienste gibt, in denen die Dienste eben ihre Dinge äußern, und das beinhaltet ebenfalls die Dokumente, die wir der Konsultationspflicht
unterliegend sehen.“7739
Selbst die Vereinbarungen, die die Grundlagen der konkreten Kooperationen darstellen – häufig als ‚Memorandum of Understanding‘ (MoU) oder ‚Memorandum of Agreement‘ (MoA) bezeichnet –, unterliegen der
Konsultation. So erklärte der Vertreter des BMI im Ausschuss:
„Auch dem Parlamentarischen Kontrollgremium sei das Memorandum of Understanding erst nach Zustimmung durch die USA vorgelegt worden.“7740
Für die gesamte Dauer des Untersuchungsausschusses wurde so verfahren: nicht nur die Suchbegriffe der
NSA, mit denen der BND die von ihm erfassten Daten durchsucht, konnten so vom Untersuchungsausschuss
nicht untersucht werden, sondern darüber hinaus zahlreiche weitere im Kontext der Snowden-Enthüllungen.
Die parlamentarische Kontrolle wird so ad absurdum geführt: Die Bundesregierung bzw. ihre Nachrichtendienste schließen – geheim eingestufte – Verträge mit den Regierungen bzw. Nachrichtendiensten anderer
Staaten ab. Ob und was das die Bundesregierung kontrollierende Parlament davon erfährt, entscheiden also
weder Bundestag noch Bundesregierung, sondern die Regierung eines anderen Staates.
7736)
7737)
7738)
7739)
7740)
dazu siehe unter V.1 – MoA von 2002.
Beratungsprotokoll-Nr. 12, S. 4 f.
Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, Beratungsprotokoll-Nr. 12 (Wortprotokoll), S. 2.
Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, Beratungsprotokoll-Nr. 12 (Wortprotokoll), S. 2.
Beratungsprotokoll-Nr.10, S. 5.