Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 117 –
Drucksache 18/12850
„Es wird Beweis erhoben zum gesamten Untersuchungsauftrag (BT-Drs. 18/843)
durch die Anhörung von Herrn Dr. Kurt Graulich als Sachverständiger.“
Am 29. Oktober 2015 hat das Bundeskanzleramt dem Ausschuss eine als STRENG GEHEIM eingestufte250
und eine offene251 Fassung des Berichts von Dr. Kurt Graulich übermittelt. Eine dritte, ebenfalls als
STRENG GEHEIM eingestufte Version des Berichts – ohne die für den Bericht an den Ausschuss geltende
Einschränkung, keine konkreten NSA-Selektoren zu nennen252 – ging ausschließlich an das Bundeskanzleramt.
Mit am 5. November 2015 im Ausschusssekretariat eingegangenem Schreiben vom selben Tag253 haben die
Abg. Martina Renner (DIE LINKE.) und Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) folgende
Erklärung abgegeben:
„Als qualifizierte (oppositionelle) Minderheit im Ausschuss erklären wir zur ‚Anhörung‘ des Herrn Dr. Graulich:
1. Die Anhörung des Herr Dr. Graulich ist keine ordentliche Beweiserhebung nach
den Regeln der StPO und des PUAG.
2. Seine Anhörung kann daher eine Beweiserhebung nach den unter 1. genannten Regeln nicht ersetzen und darf insbesondere für die Bundesregierung nicht Anlass sein,
die Beweiserhebung auf Grundlage des Beweisbeschlusses BND-26 zu verzögern oder
gar im Ergebnis zu verhindern.
3. Wir nehmen nur mit den vorgenannten Vorbehalten an der Anhörung teil.“
Zur Begründung haben die beiden Abgeordneten im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Dr. Kurt Graulich sei kein Sachverständiger im Sinne des parlamentarischen Untersuchungsrechts. Dies
zeige sich schon daran, dass nach dem Beweisbeschluss SV-11 eine „Anhörung“ stattfinden solle. Sachverständige würden nach der Terminologie der StPO (§§ 22, 246) und des PUAG (§ 17 Abs. 3) jedoch nicht
angehört, sondern „vernommen". Zudem sei ein Untersuchungsausschuss nach dem Prinzip der freien Beweiswürdigung und des Überzeugungsgrundsatzes (§ 261 StPO) gehalten, den gesamten Inhalt eines Sachverständigengutachtens selbst sorgfältig und kritisch zu würdigen, wobei Geheimschutzbelange im parlamentarischen Untersuchungsverfahren nicht in gleichem Maße zum Tragen kämen wie im gerichtlichen
Strafverfahren. Daher sei ein Gutachten, das seine tatsächlichen Grundlagen auf Weisung Dritter dem Ausschuss vorenthalte, im parlamentarischen Untersuchungsverfahren unzulässig. Darüber hinaus sei es Sachverständigen gestattet, in eigener Verantwortung Hilfskräfte (Techniker, Laborkräfte, medizinisches Perso-
250)
251)
252)
253)
MAT A SV-11/1 (Tgb.-Nr. 43/15 – STRENG GEHEIM).
MAT A SV-11/2.
Vertrag zwischen Dr. Kurt Graulich und der Bundesrepublik Deutschland, S. 3 (nur zur Einsichtnahme im Ausschusssekretariat).
A-Drs. 436.