Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/12850
Hauptquartieren, territoriale Kontrolle über ein Gebiet und die Fähigkeit, militärische Operationen zu planen,
zu koordinieren und durchzuführen und militärische Taktiken anzuwenden.6469 Bei der Auseinandersetzung
zwischen aufständischen Taliban auf der einen und der afghanischen Regierung und den ISAF-Truppen auf
der anderen Seite handele es sich um einen solchen bewaffneten Konflikt.6470 Ebenso finde in Jemen ein
bewaffneter Konflikt in diesem Sinne statt.6471
Der Zeuge Dr. Martin Ney, seit 2010 stellvertretender Leiter der Rechtsabteilung, Beauftragter für allgemeine Fragen des Völkerrechts im Auswärtigen Amt und von 2012 bis Juni 2015 Leiter der Rechtsabteilung
des Auswärtigen Amtes und Völkerrechtsberater der Bundesregierung6472, hat vor dem Ausschuss betont:
„Es gibt gezielte Tötungen im humanitären Kriegsvölkerrecht, die sind absolut mit
Völkerrecht vereinbar. Gezielte Tötungen sind nicht per se völkerrechtswidrig und damit rechtswidrig.“6473
Da es sich bei Drohnen nicht um Waffen, sondern um ein Trägersystem handele, seien diese als solche völkerrechtlich nicht verboten.6474 Etwas anderes gelte nur, wenn eine bewaffnete Drohne vollautomatisiert und
mithin menschlicher Kontrolle vollständig entzogen wäre.6475
Beim Einsatz bewaffneter Kampfdrohnen sei maßgeblich, ob ein bewaffneter Konflikt vorliege oder
nicht.6476 Dies sei, so der Zeuge Dr. Michael Koch, zwischen 2012 und 2015 Afghanistan-Sonderbeauftragter
der Bundesregierung6477, nicht immer unstreitig, zumal es im Völkerrecht kein allgemeines Justizwesen gebe,
das entsprechende Feststellungen generell treffen könne.6478 Der Zeuge Dr. Ney hat weiter ausgeführt:
„In einem bewaffneten Konflikt ist das gezielte Töten zulässig, solange die anderen
Prinzipien des humanitären Kriegsvölkerrechts beachtet sind, wie militärische Notwendigkeit, wie Proportionalität, wie Diskriminierungsgebot. In einer Umgebung, in
der kein bewaffneter Konflikt stattfindet und das allgemeine Friedensvölkerrecht gilt,
ist eine gezielte Tötung nur in extremsten Ausnahmefällen zulässig, ansonsten völkerrechtswidrig.“6479
Solange ein Kampfdrohneneinsatz völkerrechtsgemäß sein könnte, treffe die Bundesregierung keine Verpflichtung, eine etwaige eigene Beteiligung, etwa durch die Zulassung der Nutzung militärischer Anlagen
auf deutschem Staatsgebiet, zu überprüfen und entsprechende Ermittlungen aufzunehmen.6480
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E-Mail des Referats 500 des Auswärtigen Amteszu einer Vorlage an den GBA vom 30. Oktober 2013, MAT A AA-3/1b_3, Bl. 141.
Vermerk des Referats 500 des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2014, MAT A AA-3/1d_4, Bl. 243 (244), (VS-NfD – insoweit
offen).
Dr. Ney, Protokoll-Nr. 89 I, S. 38.
Dr. Ney, Protokoll-Nr. 89 I, S. 6.
Dr. Ney, Protokoll-Nr. 89 I, S. 14.
Dr. Ney, Protokoll-Nr. 89 I, S. 38.
Dr. Ney, Protokoll-Nr. 89 I, S. 38.
Dr. Ney, Protokoll-Nr. 89 I, S. 14.
Koch, Protokoll-Nr. 80 I, S. 30. So auch Urteil des VG Köln vom 27. Mai 2015 zum Aktenzeichen 3 K 5625/14, MAT A NW-2/2a,
Bl. 254 (271 f.).
Koch, Protokoll-Nr. 80 I, S. 50.
Dr. Ney, Protokoll-Nr. 89 I, S. 38.
Dr. Ney, Protokoll-Nr. 89 I, S. 38.