Drucksache 18/12850
– 1130 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
gehöre, gelte der Maßstab des humanitären Völkerrechts, des sog. „ius in bello“.6458 In einem solchen Konflikt dürften feindliche Kämpfer auch dann gezielt bekämpft werden, wenn sie nicht an konkreten Feindseligkeiten beteiligt seien, wobei das Verhältnismäßigkeitsprinzip in Form des Verbots übermäßiger ziviler
Opfer eine Grenze darstelle.6459 Welcher Nationalität die Zielpersonen seien, sei ohne Belang, es dürfe sich
aber nicht um Zivilisten handeln.6460 Die Erhebung und Weitergabe von Daten durch deutsche Nachrichtendienste richte sich nach den für die Nachrichtendienste geltenden innerstaatlichen Gesetzen, insbesondere
dem BND-Gesetz (BNDG) und dem Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG).6461 Die
völkerrechtliche Staatenverantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland im Falle der Nutzung von durch
deutsche Stellen zur Verfügung gestellten Daten für einen völkerrechtswidrigen Kampfdrohneneinsatz
komme als Beihilfe zu einem Völkerrechtsverstoß in Betracht, wobei strittig sei, ob der Beihilfetatbestand
bereits völkergewohnheitsrechtlich anerkannt ist.6462 In jedem Fall sei indes erforderlich, dass die Beihilfe
mit einer entsprechenden Intention (sog. wrongful intent), d. h. die Datenübermittlung mit der Absicht oder
dem sicheren Wissen einer Nutzung für eine im Einzelfall völkerrechtswidrige gezielte Tötung erfolge.6463
Aus Sicht des Auswärtigen Amtes ist der Einsatz von Kampfdrohnen durch das humanitäre Völkerrecht nicht
grundsätzlich verboten, müsse aber die Regeln des humanitären Völkerrechts einhalten.6464 In einem Vermerk zur völkerrechtlichen Bewertung von gezielten Tötungen mittels Kampfdrohne heißt es weiter:
„Ob eine konkrete „gezielte Tötung“ – z.B. durch Einsatz von sog. „Drohnen" – dem
Völkerrecht entspricht, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern kann nur im
Einzelfall bei Kenntnis aller relevanten Tatsachen beurteilt werden.“6465
Das Friedensvölkerrecht verbiete die Tötung von Menschen grundsätzlich und lasse sie nur in eng begrenzten
Ausnahmefällen zu.6466 Das betreffe vor allem Fälle der polizeilichen Gefahrenabwehr, in denen die Tötung
eines Menschen nur als letztes Mittel gerechtfertigt sei und wenn der Einsatz weniger einschneidender Mittel
ausgeschlossen sei.6467 Im bewaffneten Konflikt sei dagegen die Tötung des militärischen Gegners nach
Maßgabe des humanitären Völkerrechts erlaubt.6468
Kriterien eines bewaffneten Konflikts seien erstens die Intensität des Konfliktes – wie Dauer und Intensität
der Gefechte, verwendete Waffen und Ausrüstung, Anzahl der beteiligten Kämpfer, Anzahl der Opfer, Ausmaß der Zerstörung und Auswirkung auf die Zivilbevölkerung – und zweitens die Organisation der nichtstaatlichen Konfliktpartei – wie das Vorliegen einer Kommandostruktur, Disziplinargewalt, Existenz von
6458)
6459)
6460)
6461)
6462)
6463)
6464)
6465)
6466)
6467)
6468)
Vermerk zur völkerrechtlichen Bewertung des Referats V I 4 des BMI vom 1. November 2010, MAT A BfV-21/1, Bl. 5 (7).
Vermerk zur völkerrechtlichen Bewertung des Referats V I 4 des BMI vom 1. November 2010, MAT A BfV-21/1, Bl. 5 (7); Sprechzettel des BMVg für die Bundespressekonferenz am 28. Juli 2008, MAT A BMVg-3/3b, Bl. 426.
Vermerk zur völkerrechtlichen Bewertung des Referats V I 4 des BMI vom 1. November 2010, MAT A BfV-21/1, Bl. 5 (7).
Vermerk zur völkerrechtlichen Bewertung des Referats V I 4 des BMI vom 1. November 2010, MAT A BfV-21/1, Bl. 5 (8).
Vermerk zur völkerrechtlichen Bewertung des Referats V I 4 des BMI vom 1. November 2010, MAT A BfV-21/1, Bl. 5 (9 f.).
Vermerk zur völkerrechtlichen Bewertung des Referats V I 4 des BMI vom 1. November 2010, MAT A BfV-21/1, Bl. 5 (10).
Vermerk des Referats 500 des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2014, MAT A AA-3/1d_4, Bl. 243 (VS-NfD – insoweit offen).
Vermerk des Referats 500 des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2014, MAT A AA-3/1d_4, Bl. 243 (VS-NfD – insoweit offen).
Vermerk des Referats 500 des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2014, MAT A AA-3/1d_4, Bl. 243 (VS-NfD – insoweit offen).
E-Mail des Referats 500 des Auswärtigen Amtes zu einer Vorlage an den GBA vom 30. Oktober 2013, MAT A AA-3/1b_3, Bl. 141
(142).
Vermerk des Referats 500 des Auswärtigen Amtes vom 27. Januar 2014, MAT A AA-3/1d_4, Bl. 243 (VS-NfD – insoweit offen);
Leitungsvorlage der Abteilungen 5 und 2 des Auswärtigen Amtes vom 31. Oktober 2013, MAT A AA-3/1f_1, Bl. 130 (131), (VSNfD – insoweit offen).