Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/12850
nalen Kontakte gerechnet werden müsse, wenn gegen ein Geheimschutzabkommen verstoßen und die Selektorenlisten ohne entsprechende Zustimmung zur Verfügung gestellt würden, stehe die Bundesregierung vor
der Aufgabe, eine Lösung zu finden, um dennoch dem parlamentarischen Untersuchungsrecht gerecht werden zu können. Würden die betreffenden Selektorenlisten einer unabhängigen sachverständigen Vertrauensperson zur Verfügung gestellt, könne die Bundesregierung argumentieren, dass kein Verstoß gegen das Geheimschutzabkommen vorliege. Zugleich könne und werde die Bundesregierung Beschlüsse des Ausschusses berücksichtigen, mit denen eine Person benannt und ihr Auftrag fixiert werde.235
Die Abg. Christian Flisek (SPD) und Nina Warken (CDU/CSU) haben betont, dass die Einsetzung einer
unabhängigen sachverständigen Vertrauensperson lediglich einen ersten Schritt darstelle und nicht abschließend sein müsse.236 Der Ausschuss sei in erster Linie an einer zügigen Aufklärung der Vorwürfe interessiert.
Ein Rechtsstreit über die Herausgabe von Material ausländischer Nachrichtendienste würde zu (monate-)langen Verzögerungen führen bzw. die Vernehmung von Zeugen erschweren. Daher biete die Ernennung einer
sachverständigen Vertrauensperson, deren Auswahl und Mandat maßgeblich vom Ausschuss beeinflusst
werde, ein sachgerechtes Mittel. Weitere Instrumente seien nicht ausgeschlossen, wenn die Ergebnisse der
Untersuchung (zu den Selektoren der NSA) den Ausschuss nicht zufrieden stellen würden.
In der Beratungssitzung am 18. Juni 2015 hat der Ausschuss den folgenden Antrag der Koalitionsfraktionen
(A-Drs. 385) mit vier Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen eine Stimme der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei drei Stimmenthaltungen angenommen:237
„1. Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundeskanzleramts vom 17. Juni 2015
zur Erfüllung des Beweisbeschlusses BND-26 und unter Abwägung des vom Deutschen Bundestag beschlossenen Untersuchungsauftrags mit der auch dem Parlament
obliegenden Beachtung von Belangen des Staatswohls (vgl. etwa: BVerfGE 124, S.
78, 123 f.) bewertet der 1. Untersuchungsausschuss die Entscheidung der Bundesregierung als sachgerecht, einer vom Parlament zu benennenden unabhängigen sachverständigen Vertrauensperson Einsicht in die notwendigen Unterlagen zu gewähren.
2. Der Untersuchungsausschuss erwartet, dass die von ihm benannte Vertrauensperson
- die von der Bundesregierung im Rahmen der Vorlage zu Beweisbeschluss
BND-26 unter Berufung auf Staatswohlbelange und Konsultationsverpflichtungen vorläufig entnommenen sogenannten ‚Selektorenlisten‘ im Bundeskanzleramt vollständig sichtet sowie unabhängig und weisungsfrei bewertet,
- dem Untersuchungsausschuss über ihre Tätigkeit und Erkenntnisse umfassend
Bericht erstattet und
235)
236)
237)
Wolff, Protokoll-Nr. 54a, S. 7.
Flisek, Protokoll-Nr. 54b, S. 4; Warken, Protokoll-Nr. 54b, S. 5.
Protokoll-Nr. 54b, S. 7.