Drucksache 18/12850

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

berechtigter Vorwurf. Aber in der Vergangenheit war es eben oft so, dass die Selektoren einfach keiner mehr angefasst hat. Die sind auch nicht mehr aufgefallen; denn sie
führten ja zu keinen Meldungen.“5847
Auf diese Problematik hat auch der Zeuge Dr. Heuser hingewiesen:
„Man muss ja unterscheiden: Die Tatsache, dass ein Selektor in einer Datenbank liegt,
bedeutet ja noch lange nicht, dass es dazu auch Erfassung gibt; das sind ja zwei verschiedene Dinge. Wir haben ohnehin mit dem Problem zu kämpfen gehabt, dass unsere
Selektorenlisten viel zu lang waren; sie waren viel zu umfangreich. Die große Masse
der Selektoren hat gar nicht gegriffen, wie wir das in unserem Jargon genannt haben.
Es wäre eine Aufgabe gewesen, wenn man die Zeit gehabt hätte, in großem Stil die
Selektoren mal durchzuarbeiten und jetzt unabhängig von politischen Sensibilitäten
[…] mal daraufhin zu bereinigen: Was ist wirklich notwendig und was nicht? - Das
war uns sehr wohl bewusst, dass das mal hätte sein müssen - ich will es mal so formulieren -, was aber aufgrund der Erfordernisse der Tagesarbeit in dieser Form nie erfolgt
ist. Die Selektorenlisten waren immer alle viel zu groß, wohl wissend, dass die große
Masse überhaupt niemals zu irgendeinem Ergebnis führt.“5848
In als GEHEIM eingestufter Sitzung hat er hierzu konkreter ausgeführt:
„Wenn etwas 2005 eingestellt wird, bleibt dann zehn Jahre in den Selektorenlisten,
dann ist das für mich ein Indiz dafür, dass das irgendjemand mal eingestellt hat aus
irgendeiner Begründung heraus, und es hat sich niemand mehr drum gekümmert offensichtlich. Das heißt, man hat es, denke ich, mit einer Art von Leiche zu tun. Das
hätte dann Gegenstand einer Bereinigung sein müssen. Dann wären vermutlich noch
sehr viel mehr Fälle dieser Art bereinigt worden. Aber ich sagte eben schon: Wir waren
uns dieser Notwendigkeit, die Selektorenlisten mal einer grundsätzlichen Revision zuzuführen, aus rein, wenn Sie so wollen, DV-technischen Gründen - gar nicht so sehr
mit Hinblick auf eine etwaige politische Brisanz -, sehr wohl bewusst. Es ist aus Mangel an Arbeitskapazität nicht erfolgt, jedenfalls nicht während meiner Amtszeit.“5849
Vor diesem Hintergrund hat der Zeuge W. K. auch darauf hingewiesen, dass das gesamte System der Fernmeldeaufklärung über Jahrzehnte gewachsen sei:
„Wir werden dieses ganze System umstellen. Das ist auch ein Ergebnis der Untersuchungen der PKG-Taskforce, die ja auch einen öffentlichen Bericht dazu gemacht hat,
wo auch Empfehlungen abgegeben worden sind, und die vor allem Dinge festgestellt
hat - - Wie soll ich hier sagen? Ich habe Ihnen gerade gesagt: Es fand ein Controlling

5847)
5848)
5849)

W. K., Protokoll-Nr. 118 I, S. 27.
Dr. Heuser, Protokoll-Nr. 118 I, S. 67.
Dr. Heuser, Protokoll-Nr. 118 II – Auszug offen, S. 96.

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