Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
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Drucksache 19/422
entsprechende Dienstaufsicht und ein rechtlich und qualitätssicherndes Controllingsystem sind nicht erkennbar geworden.
13. Die Gestaltung der zur Steuerung genutzten Datenbank ermöglicht keine lückenlose Nachvollziehbarkeit
der Auftragssteuerung (Auftragsanlass, Begründung, Steuerung, Löschung etc.).
Der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) fügte dem Untersuchungsbericht ein
Sondervotum bei.
Eine zusammenfassende und Geheimschutzbelange berücksichtigende Fassung des Untersuchungsberichts, der
neben den Schlussfolgerungen auch eine Reihe von Empfehlungen enthält, legte das Parlamentarische Kontrollgremium im Zuge einer Bewertung gemäß § 10 Absatz 2 und 3 PKGrG am 7. Juli 2016 (Bundestagsdrucksache 18/9142) vor.
3.
Sachverständigenuntersuchung zu aufgefundenen Gegenständen im Zusammenhang
mit der ehemaligen V-Person „Corelli“
Das Parlamentarische Kontrollgremium beauftragte Rechtsanwalt Jerzy Montag (Mitglied des Bundestages
2002 bis 2013) im Juni 2016 gemäß § 7 PKGrG als Sachverständigen, weitere im Bundesamt für Verfassungsschutz aufgefundene Gegenstände im Zusammenhang mit der im Jahr 2014 verstorbenen ehemaligen V-Person
„Corelli“ zu untersuchen. Hierbei handelte es sich um bis dahin dem Kontrollgremium und auch Untersuchungsausschüssen noch nicht bekannte Unterlagen, Speichermedien und Mobiltelefone.
Bereits 2014 und 2015 hatte Montag als Sachverständiger für das Kontrollgremium sämtliche Vorgänge im
Zusammenhang mit der V-Person „Corelli“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter anderem im Hinblick
auf mögliche Beziehungen zum sog. Nationalsozialistischen Untergrund untersucht. Über die Ergebnisse der
Sachverständigenuntersuchung erstattete das Kontrollgremium gemäß § 7 Absatz 2 PKGrG (Bundestagsdrucksache 18/6545 vom 4. November 2015) dem Bundestag Bericht. Wie sich 2016 herausstellte, waren dem Sachverständigen seinerzeit nicht alle relevanten Informationen vorgelegt worden.
Vor diesem Hintergrund untersuchte der Sachverständige im Jahr 2016 Genese und Chronologie des Auffindens
der in Frage stehenden Gegenstände, deren weitere Behandlung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz
sowie die Relevanz der in Frage stehenden Gegenstände und der in ihnen enthaltenen Daten, insbesondere hinsichtlich der Zuordnung zu „Corelli“ und hinsichtlich Bezügen zum sog. Nationalsozialistischen Untergrund.
Darüber hinaus wurde Montag beauftragt, sich mit neuen Erkenntnissen zur möglichen Todesursache von „Corelli“ zu befassen.
Anfang September 2016 nahm das Parlamentarische Kontrollgremium den geheimen Abschlussbericht des
Sachverständigen entgegen. Das Kontrollgremium kam auf Basis der Untersuchungen des Sachverständigen zu
folgender öffentlicher Bewertung:
1. Aus der Untersuchung des Sachverständigen ergaben sich keine neuen Erkenntnisse zur Tätigkeit von
„Corelli“ als V-Person des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
2.
Aus den ausgewerteten Inhalten ergaben sich insbesondere keine Hinweise auf Beziehungen „Corellis“ zu
Mitgliedern des NSU und dessen engerem Umfeld. Auch wurden keine Anhaltspunkte festgestellt, dass
„Corelli“ der Urheber der im Jahr 2014 bekannt gewordenen „NSU-CDs“ war.
3.
Im Verhalten des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, der das Parlamentarische Kontrollgremium nach eingehender Prüfung über das Auffinden eines weiteren Mobiltelefons „Corellis“ informiert
hat, sieht das Kontrollgremium keinen Verstoß der Bundesregierung gegen ihre Informationspflichten.
4.
Es haben sich Defizite insbesondere bei der Handhabung von Kommunikationstechnik im Bundesamt für
Verfassungsschutz gezeigt. Die Amtsleitung hat hierauf reagiert.
5.
Ein diabetisches Koma, das zum Tod von „Corelli“ führte, kann theoretisch durch Verabreichung bestimmter Substanzen ausgelöst werden. Anhaltspunkte für einen unnatürlichen Tod liegen aber weiterhin nicht
vor. Für eine weitere Klärung kann eine erneute toxikologische Untersuchung von Gewebeproben sorgen,
die der NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags von Nordrhein-Westfalen angestoßen hat.
4.
Untersuchung des Ständigen Bevollmächtigten zum Fall Anis Amri
Am 19. Dezember 2016 verübte der tunesische Staatsangehörige Anis Amri einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz, bei dem zwölf Menschen zu Tode kamen und zahlreiche Menschen
verletzt wurden. Amri war zuvor verschiedenen deutschen Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder
bekannt geworden.