11 Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
11.1 Aus den Gesetzgebungs
vorhaben
11.1.1 Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs
Eine abschliessende gerichtliche Klärung des Verhältnisses zwischen Wettbewerbsrecht und DSGVO muss
weiterhin bestehende Unsicherheiten beenden. Eine
gesetzliche Einschränkung der Möglichkeiten zu einer
missbräuchlichen Nutzung von Abmahnungen halte ich
parallel für sinnvoll.
Die Anwendbarkeit der DSGVO am 25. Mai 2018 ging
insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen
einher mit der Angst vor massenhaften und missbräuch‑
lichen Abmahnungen aufgrund unterstellter Verstöße
gegen die DSGVO. Die gefürchtete Abmahnwelle ist zwar
ausgeblieben, die Unsicherheit aber noch nicht besei‑
tigt. Die Frage, ob wettbewerbsrechtliche Abmahnungen
von Verstößen gegen die DSGVO nach dem Gesetz gegen
den Unlauteren Wettbewerb (UWG) zulässig sind, ist in
der Literatur umstritten und von der Rechtsprechung
noch nicht abschließend geklärt.
Zwischenzeitlich hat das BMJV in seinen Referen‑
tenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen
Wettbewerbs eine Regelung aufgenommen, die den
Anspruch auf Erstattung der Kosten von Abmahnungen
für Mitbewerber bei Verstößen gegen sämtliche Infor‑
mations- und Kennzeichnungspflichten im Internet
ausschließt. Hierdurch wird zumindest jeder Anreiz für
missbräuchliche Abmahnungen von Verstößen gegen
die DSGVO-Vorschriften über Datenschutzerklärungen
im Internet verhindert.
Angesichts dieser ungeklärten Rechtslage wird es wohl
dem Europäischen Gerichtshof überlassen bleiben, ab‑
schließend über das Verhältnis zwischen Wettbewerbs‑
recht und DSGVO zu entscheiden.
11.1.2 Strafprozessordnung Teil 1 – Verfassungs- und
Europarecht verlangen Änderungen
In seinem Urteil über das Bundeskriminalamtgesetz
(BKAG) hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2016
genaue verfassungsrechtliche Vorgaben beschrieben,
wie die Ermittlungsbehörden mit Daten aus heimlichen
Ermittlungsmaßnahmen umzugehen haben (vgl. dazu
26. TB Nr. 1.3). Darüber hinaus ist die Richtlinie für den
Datenschutz im Polizei- und Justizbereich (JI-Richtlinie)
in Kraft getreten (vgl. Nr. 2.1). Beides ist in der Strafprozessordnung (StPO) noch umzusetzen. Dieses Ziel wird
mit dem derzeit vorliegenden Gesetzentwurf nicht
erreicht.
Strafverfahrensdateien nach § 483 StPO
§ 483 StPO ist eine praktisch sehr bedeutsame und
zentrale Vorschrift für die Datenverarbeitung in straf‑
rechtlichen Ermittlungsverfahren. Ihre Zweckbindung
wird mit dem neuen Gesetzentwurf (Stand 31.12.2018)
wesentlich gelockert und führt zu verfassungsrechtlich
bedenklichen Ergebnissen.
§ 483 StPO betrifft bereits in der geltenden Fassung nicht
nur Verdächtige und Beschuldigte oder gar nur „Täter“.
Nach dieser Vorschrift können die Behörden auch um‑
fangreiche Daten zu Zeugen, Hinweisgebern, Geschä‑
digten und sonstigen Dritten speichern. Die Menge der
zulässigen Daten ist unbegrenzt. Damit können bereits
jetzt sehr umfangreiche Dateien angelegt werden, die
Informationen im Millionenbereich enthalten. Beispiele
sind Daten aus Rasterfahndungen, Funkzellenabfragen
etc. Ebenso sind umfangreiche Datenbestände zu einzel
nen Personen möglich, die auch sensible Informationen
enthalten können, zum Beispiel zu Opfern von Sexual‑
straftaten.
Nach dem derzeitigen § 483 StPO dürfen die Straf‑
verfolgungsbehörden die personenbezogenen Daten
allerdings nur in „einer Datei“ und für „ein bestimmtes“
Strafverfahren speichern. Das schließt nach meiner Auf‑
fassung verfahrensübergreifende Dateien auf Grundlage
des § 483 StPO aus (vgl dazu 26. TB Nr. 10.2.9.3).
Tätigkeitsbericht zum Datenschutz für die Jahre 2017 und 2018
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