Das BVerwG sieht hier also kein verfassungsrechtlich
gebotenes und im IFG nicht explizit vorgegebenes Abwägungserfordernis. Das Vorliegen der tatbestandlichen
Voraussetzung des Ausschlusstatbestandes des IFG,
die Beeinträchtigung auch künftiger Beratungen von
Behörden, schließt den Informationszugang aus. Eine
Abwägung des Informationsinteresses mit dem Vertraulichkeitsinteresse sieht das IFG nicht vor.
Hingegen sah das BVerwG den Zugang zur Teilnehmerliste als eröffnet an.
Der Informationszugang zur Teilnehmerliste wird nicht
durch § 3 Nr. 4, 1. Variante IFG in Verbindung mit § 22
Abs. 3 der Geschäftsordnung der Bundesregierung
ausgeschlossen. Das BVerwG sieht diese Geschäftsordnung zutreffend als bloßes Binnenrecht der Bundesregierung an, das lediglich eine im Weisungsrecht der
Regierungsmitglieder begründete Vertraulichkeitsverpflichtung der Mitarbeiter ihrer Ressorts (auch) als
Sitzungsteilnehmer verdeutliche. Eine Beschränkung
der durch Parlamentsgesetz begründeten Informationsrechte dritter Personen werde damit nicht begründet
(BVerwG, a. a. O., Rn 30 ff.).
Auch die Einstufung der Teilnehmerliste als sog. Verschlusssache allein rechtfertige die Verweigerung nicht,
da es am notwendigen „materiellen Geheimhaltungsbedürfnis“ fehle (BVerwG, a. a. O., Rn 39).
Schließlich stehe auch der Schutz personenbezogener Informationen der Sitzungsteilnehmenden dem
Informationszugang nicht entgegen, da die hochrangigen Anwesenden „vom Kabinettsmitglied bis zum
Ministerialbeamten“ mit der Offenlegung ihrer Namen
lediglich in ihrer Sozialsphäre berührt seien (BVerwG,
a. a. O. Rn. 46 ff.). Dem Kläger als Journalist stehe in der
Abwägung dagegen das „Interesse der Allgemeinheit
an der Transparenz und Aufklärung über die Aufgabenwahrnehmung öffentlicher Stellen“ zur Seite, so
dass im Ergebnis der Informationszugang eröffnet sei.
Das BVerwG sieht hier die Abwägung des überwiegenden Transparenzinteresses mit dem widerstreitenden
Diskretionsinteresse nach § 5 Abs. 1 S.1, 1.Alt. IFG
als Rechtfertigung des Informationszuganges. Einer
Einwilligung der Anwesenden nach § 5 Abs. 1 S.1, 2.Alt.
IFG bedürfe es daher nicht.
4.2 Zugang zu Entwurfsfassungen
des Masterplans Migration
Der Masterplan Migration des Bundesministeriums
des Innern (BMI) wurde am 4. Juli 2017 veröffentlicht;
fraglich ist, ob der Zugang zu den früheren Entwurfs
fassungen des Dokuments verweigert werden kann.
Ein Petent beantragte beim BMI auf Grundlage des IFG
die Übersendung des Masterplans Migration in der aktuellen Fassung sowie alle vorangegangenen Fassungen.
Das BMI verwies hinsichtlich der aktuellen Fassung des
Masterplans auf die Internetseite des BMI und lehnte
den Antrag auf Zugang zu früheren Versionen gemäß § 3
Nr. 3 lit. b) i. V. m. § 4 IFG ab. Im Übrigen verweigerte das
BMI den Informationszugang nach § 3 Nr. 4 IFG mit der
Begründung, die Dokumente der internen Willensbildungsprozesse wären als Verschlusssache – Nur für den
Dienstgebrauch – eingestuft.
Der Petent wandte sich daraufhin an mich und bat um
Vermittlung, weil für ihn nicht nachvollziehbar war,
dass die Freigabe früherer Entwürfe die Umsetzung des
aktuellen Masterplans gefährden könne.
Das BMI führte in seiner Stellungnahme aus, bei dem
Masterplan handele es sich um ein „lebendes Dokument“, das den aktuellen politischen Entwicklungen
und Abstimmungsergebnissen angepasst werde. Eine
Veröffentlichung früherer Entwurfsfassungen könne
den Umsetzungsprozess innerhalb der Bundesregierung gefährden und den politischen Diskurs stören. Interne Verwaltungsabläufe und der Prozess der behördlichen Entscheidungsfindung müssten geschützt werden.
Das BMI berief sich dabei auch auf eine Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichtes. Nach dieser handelt
es sich „bei dem einer konkreten Positionierung vorgelagerten Willensbildungsprozess der Bundesregierung
(…) um einen von verschiedenen innen- und außenpolitischen sowie innerorganschaftlichen Belangen,
Erwägungen und Entwicklungen abhängigen Vorgang“,
der den Bereich der Bundesregierung noch nicht verlasse und über den die Bundesregierung Dritte nicht
informieren müsse (BVerfG, Urteil vom 21. Oktober
2014, Az. 2 BvE 5/11, Rn. 137). Nach Auffassung des BMI
besteht nach § 4 IFG dann keine Informationspflicht,
Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
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