Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/9142
10. Der BND, insbesondere die für die Steuerung der TKM zuständige Abteilung TA, hat die komplexe Aufgabe
in einer über Jahre eingeübten Praxis ohne Entwicklung spezifischer Dienstvorschriften zur rechtssicheren
Handhabung bearbeitet.
11. Die Aufnahme von TKM in die Datenbank erfolgte durch die Abteilung TA teilweise ohne eine regelmäßige
Rückkopplung mit der Auswertung. Oft wurden die sensiblen TKM aus Erfassungen zu anderen Teilnehmern (Gegenstellen) gewonnen und dann von der Abteilung TA gesteuert. Das Verhältnis bei der Aufgabenverteilung zwischen Abteilung TA und der Auswertung ist in den Verantwortungs- und Zuständigkeitsgrenzen nicht klar bestimmt. Teilweise entsteht der Eindruck, dass gerade die Außenstellen der Abteilung TA in
großer Unabhängigkeit von der Zentrale in Pullach agieren konnten.
12. Die Stichprobenauswertung lässt den Schluss zu, dass im BND keine regelmäßige Eingriffs-Nutzen-Abwägung bei der Steuerung verschiedener Teilnehmer stattgefunden hat. Die Steuerung politisch und rechtlich
sensibler Teilnehmer erfolgte teilweise über Jahre, ohne dass nach Angaben des BND Erfassungen bzw.
Meldungen generiert werden konnten. Eine der Komplexität entsprechende Dienstaufsicht und ein rechtlich
und qualitätssicherndes Controllingsystem sind nicht erkennbar geworden.
13. Die Gestaltung der zur Steuerung genutzten Datenbank ermöglicht keine lückenlose Nachvollziehbarkeit der
Auftragssteuerung (Auftragsanlass, Begründung, Steuerung, Löschung etc.).
9.
Empfehlungen
Der BND muss angesichts der sich seit Jahren verschärfenden internationalen Sicherheitslage und auch mit Blick
auf ein zunehmendes ziviles und militärisches Engagement Deutschlands im Ausland die Entscheidungen der
Bundesregierung und die Einsätze der Bundeswehr durch anforderungsgerechte Aufklärung unterstützen. Dafür
muss er leistungsfähig und belastbar sein sowie seiner Aufgabe als Partner in der internationalen Zusammenarbeit
gerecht werden können.
1. Die Aufgaben- und Befugnisnormen des BNDG sollten für den Einsatz des nachrichtendienstlichen Mittels
der strategischen Fernmeldeaufklärung geschärft werden. Ein engerer, voraussetzungsgebundener Gesetzeswortlaut könnte – zusätzlich zu den allgemein geltenden Grundsätzen der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit – den sehr weiten Anwendungsbereich eingrenzen.
2. Im Auftragsprofil der Bundesregierung sollte das Kategorisierungssystem und der Verhältnismäßigkeitsmaßstab für die Informationserhebung durch den BND konkretisiert werden (etwa im Hinblick auf sensible
Ziele). Politische Lenkungsentscheidungen sollten sich in angemessener Form wiederfinden. Für einzelne,
besonders sensible Steuerungen bedarf es einer Anordnung durch die Leitung des BND und eines Genehmigungsvorbehalts durch das Bundeskanzleramt.
3. Zukünftig muss sichergestellt sein, dass der Schutz sensibler Ziele (wie Regierungseinrichtungen von
EU/NATO-Ländern, internationale Organisationen, Unternehmen) sowie der Schutz von EU-Bürgern und
EU-Einrichtungen bei der nachrichtendienstlichen Aufgabenwahrnehmung gewährleistet bleiben.
4. Die Fachaufsicht über die Aufgabenwahrnehmung des BND im Bundeskanzleramt sollte in ihrer Struktur,
gemessen an der personellen Größenordnung des BND und der fachlichen Komplexität, angepasst werden.
Die Einführung eines regelmäßigen fachlichen Berichtswesens durch den BND, gerade im Bereich der Technischen Aufklärung, kann dies unterstützen.
5. Der Prozessablauf der strategischen Fernmeldeaufklärung im BND muss bezüglich der Aufgabenverteilung
zwischen den auswertenden Abteilungen und der Abteilung Technische Aufklärung klar abgegrenzt werden.
Der nachrichtendienstliche Grundsatz „Die Auswertung steuert die Beschaffung“ muss sich in der Organisationsstruktur und den Prozessabläufen in angemessener Form wiederfinden. Dazu zählt auch eine engere
Anbindung der Abteilung TA an die Hausleitung.
6. Der BND sollte zur rechtssicheren und vereinheitlichten Handhabung der strategischen Fernmeldeaufklärung Dienstvorschriften entwickeln, die Bedingungen für die Auswahl von Zielen, den Prozessablauf zwischen der Auswertung und der Aufklärung, zwischen der Zentrale und den Außenstellen, die Entscheidungsebenen und internen qualitätssichernden Kontroll-/Controllingstrukturen definieren. Die regelmäßige Qualitäts- und Effektivitätsprüfung kann auch technisch unterstützt werden, etwa durch automatische Wiedervorlage bei ausbleibender nd-relevanter Erfassung.