Drucksache 18/9142
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Schlussfolgerungen

Als Ergebnis der Untersuchung lassen sich folgende Schlussfolgerungen festhalten:
1. Der BND hat Teilnehmer in EU-Staaten und weiteren verbündeten Staaten sowie in diversen Kern- und
Monitoringländern gesteuert.
2. Die Steuerung eines Drittels der Ziele erfolgte mit großer Wahrscheinlichkeit rechtlich nachvollziehbar und
auftragskonform.
3. Die Steuerung von diplomatischen Vertretungen der EU/NATO-Staaten in Kern-, Monitoring- und Drittländern bedarf einer konkreten Einzelfallbetrachtung. Rechtlich kann zwar die Steuerung von Regierungseinrichtungen zulässig sein, ob jedoch eine Anbindung an das APB der Bundesregierung nachvollziehbar und
konform erfolgt ist, ist eine Einzelfallfrage. Das konnte anhand der untersuchten Stichproben nicht in dem
erforderlichen Umfang nachvollzogen werden.
4. Die Steuerung von Regierungsmitgliedern/politischer Führung von EU/NATO-Staaten ist rechtlich problematisch, da sie nach derzeitiger Auslegung des APB nicht verhältnismäßig war. Auch die Steuerung von
Ministerien und einzelner herausragender Institutionen, Organisationen, Medien, wissenschaftlichen Einrichtungen ist in den meisten Fällen nicht nachvollziehbar.
5. Die strategische Fernmeldeaufklärung des BND hat auch deutsche Grundrechtsträger im Ausland erfasst.
Das Rechtskonstrukt der sogenannten „Funktionsträgertheorie“, welches den Schutz aus Artikel 10 GG für
deutsche Staatsangehörige versagt, wenn sie eine Funktion in ausländischen Institutionen, Firmen, Organisationen wahrnehmen, ist rechtlich umstritten.
6. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass der BND im Sommer 2013 begonnen hatte, einzelne kritische Teilnehmer aus der BND-eigenen Steuerung herauszunehmen. Eine Unterrichtung des Bundeskanzleramtes über die Existenz politisch sensibler Ziele mit EU/NATO-Bezug ist – soweit ersichtlich – gegen Ende
Oktober 2013 erfolgt. Jedenfalls ist nicht belegbar, dass das Bundeskanzleramt zu dem Zeitpunkt über den
Umfang und die Komplexität der BND-eigenen Steuerung vor dem in den Medien viel zitierten Satz der
Bundeskanzlerin am 24. Oktober 2013 bereits unterrichtet war. Anhaltspunkte dafür, dass die Fachaufsicht
des Bundeskanzleramtes eigeninitiativ vor diesem Zeitpunkt gegenüber dem BND tätig geworden ist, sind
aus den Unterlagen nicht erkennbar.
7. Das Parlamentarische Kontrollgremium wurde viel zu spät und zunächst nur rudimentär von der Bundesregierung über den Vorgang informiert, obwohl es sich zweifelsohne um einen „Vorgang von besonderer Bedeutung“ nach § 4 Absatz 1 PKGrG handelt. Auch bei den Erörterungen im Zusammenhang mit den „Snowden-Veröffentlichungen“ in den Jahren 2013 und 2014 haben weder die Bundesregierung noch der BND in
den Sitzungen des Gremiums Hinweise auf möglicherweise problematische BND-eigene Steuerungen gegeben.
8. Die rechtlichen Regelungen für die Aufgabe der strategischen Fernmeldeaufklärung des BND im Ausland
gemäß den §§ 1 und 2 BNDG eröffnen eine weite und kaum voraussetzungsgebundene Handlungsgrundlage
zum Einsatz dieses nachrichtendienstlichen Mittels.
9. Die Konkretisierung des gesetzlichen Handlungsrahmens durch das Auftragsprofil der Bundesregierung, in
dem Ziel- und Themenvorgaben der außen- und sicherheitspolitischen Bedeutung für die Bundesrepublik
Deutschland definiert werden, ermöglicht eine extensive Auslegung der Aufgaben für den BND.
Die im APB aufgeführten Kategoriengruppen der Kernländer, Kernthemen, Monitoringländer, Monitoringthemen
und nicht aufgeführter Themen und Staaten (NATS) enthalten zwar konkret definierte Schwerpunkte der Informationserwartung der Bundesregierung an den BND, begrenzen die strategische Fernmeldeaufklärung des BND
jedoch nicht bezüglich politisch sensibler Aufklärungsziele bzw. geben keinen ausreichenden Verhältnismäßigkeitsmaßstab zum Einsatz der nachrichtendienstlichen Mittel vor. Aus den gesichteten Unterlagen wurde deutlich,
dass in allen Fällen zwar ein Bezug zum APB vom BND hergestellt werden konnte, jedoch gerade die Steuerung
von Teilnehmern der EU/NATO-Partner oder sonstiger europäischer Institutionen in vielen Fällen oft nur durch
einen „Phänomenbezug“ (Monitoringthema, Kernthema) in Kombination mit einem anderen Kern- oder Monitoringland hergestellt werden konnte. Die Steuerung von TKM eines sensiblen Teilnehmers der „Gruppenliste“
erfolgte fast ausnahmslos mit einem Aufklärungsinteresse an dem „Drittland“.

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