Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

und Georg Wurster durch die Bundesanwaltschaft befasste sich das Kontrollgremium in seiner Sitzung am
25. April 2007 mit den in den Medien erhobenen Vorwürfen, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe Erkenntnisse unzulässigerweise nicht an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet, und beschloss einstimmig,
folgende Erklärung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 5 PKGrG abzugeben:
„Das Parlamentarische Kontrollgremium hat sich in seiner Sitzung am 25. April 2007 mit den in der Öffentlichkeit erhobenen Vorwürfen zum Tatkomplex Buback befasst.
Das Gremium hat dabei Vertreter der Bundesregierung
und der Nachrichtendienste angehört.
Es wurden keine Übermittlungsversäumnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz festgestellt. Das Gremium
hat die Bundesregierung um Fortsetzung der Unterrichtung in der nächsten Sitzung gebeten.“
13.

Drucksache 16/7540

– 13 –

Problematik der Beobachtung von
Bundestagsabgeordneten durch den
Verfassungsschutz

Vor dem Hintergrund von Presseberichten im März 2006
über die mögliche Beobachtung eines oder mehrerer Mitglieder des Deutschen Bundestages durch den Verfassungsschutz des Saarlandes wurde die Frage nach der Zulässigkeit und den Grenzen einer Beobachtung von
Abgeordneten gestellt. Die Fragestellung war sowohl Gegenstand der Ausübung des Fragerechts als auch eines
Antrags sowie von Sitzungen des Ältestenrates des Deutschen Bundestages (vgl. hierzu etwa u. a. Antworten der
Bundesregierung auf Bundestagsdrucksachen 16/1590,
16/2166, 16/3964 und 16/4502).
Die Bundesregierung hat in ihren Antworten auf die parlamentarischen Anfragen allgemein hervorgehoben, dass
Rechtsgrundlage für ihre Beobachtungstätigkeit § 3
Abs. 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG)
sei, wonach Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des
Bundes und der Länder die Sammlung und Auswertung
von Informationen sei, insbesondere von sach- und
personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und
Unterlagen über die dort näher bezeichneten Bestrebungen. Das Gesetz sehe in Bezug auf den gesetzlichen Auftrag des BfV keine privilegierte Sonderbehandlung von
Mitgliedern parlamentarischer Körperschaften vor. Insoweit seien die Vorschriften ohne Ansehen der Person anzuwenden. Auch ein vom Wissenschaftlichen Dienst des
Deutschen Bundestages für den Ältestenrat erstattetes
Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass eine Beobachtung von Abgeordneten bzw. der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel nur dann unzulässig sei, wenn die
Funktionsfähigkeit des Parlaments bzw. die innerparlamentarischen Statusrechte des Abgeordneten beeinträchtigt
würden. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Tätigkeit der
Verfassungsschutzbehörden auf die parlamentarische
Willensbildung bzw. die parlamentarische Tätigkeit des
Abgeordneten als solche direkt oder indirekt Einfluss
nehmen würde. Vorbehaltlich solcher statusbeeinträchti-

gender Rechtswirkungen auf die verfassungsmäßigen
Rechte nach den Artikeln 46 und 38 GG sei eine Beobachtung von Abgeordneten – auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln – grundsätzlich zulässig (vgl. Bundestagsdrucksache 16/1590 S. 2).
Die Bundesregierung hat das Parlamentarische Kontrollgremium am 5. April 2006 umfassend und ausführlich
über die Rechtsgrundlagen, das Verfahren und die Praxis
bei der Beobachtung von Abgeordneten durch das BfV
unterrichtet. Diese Auffassung der Bundesregierung ist
im Gremium umstritten.
14.

Spionage

Die Bundesrepublik Deutschland ist unverändert ein Ausspähungsziel für Nachrichtendienste fremder Staaten. Neben der Informationsbeschaffung aus den klassischen Bereichen Politik, Militär, Wirtschaft, Wissenschaft und
Technik besteht ein Interesse an der Ausspähung und Unterwanderung in Deutschland ansässiger Organisationen
und Personengruppen, die in Opposition zum Regime im
Heimatland stehen. Die Bundesregierung hat dem Gremium ihre diesbezüglichen Erkenntnisse regelmäßig mitgeteilt. Das Gremium hat sich dabei auch über den aktuellen Stand einzelner vom Generalbundesanwalt geführter
Ermittlungsverfahren informieren lassen.
15.

Verdeckte Online-Durchsuchung

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom
31. Januar 2007 entschieden, dass die heimliche Durchsuchung der im Computer eines Beschuldigten gespeicherten Daten mit Hilfe eines Programms, das ohne Wissen
des Betroffenen aufgespielt wurde (verdeckte OnlineDurchsuchung) nach der Strafprozessordnung unzulässig
sei. Es fehle an der für einen solchen Eingriff erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Nach der Entscheidung
ist die verdeckte Online-Durchsuchung insbesondere
nicht durch § 102 StPO (Durchsuchung beim Verdächtigen) gedeckt, weil die Durchsuchung in der Strafprozessordnung als eine offen durchzuführende Ermittlungsmaßnahme geregelt sei. Zum anderen folge dies aus einem
Vergleich mit Ermittlungsmaßnahmen, die – wie die
Überwachung der Telekommunikation oder die Wohnraumüberwachung – ohne Wissen des Betroffenen durchgeführt werden könnten, für die aber deutlich höhere formelle und materielle Anforderungen an die Anordnung
und Durchführung bestünden (BGH, Beschluss vom
31. Januar 2007, StB 16/06).
Die Bundesregierung prüft gegenwärtig, welcher gesetzgeberischer Änderungsbedarf bei der entsprechenden Informationsbeschaffung durch Nachrichtendienste besteht.
Als Rechtsgrundlage für eine heimliche Informationserhebung mittels Online-Durchsuchung für das BfV wurden bisher der § 9 Abs. 1, § 8 Abs. 2 des BVerfSchG angesehen. Die entsprechende Befugnis des MAD wird aus
§§ 5, 4 Abs. 1 MADG i. V. m. mit § 9 Abs. 1, § 8 Abs. 2
des BVerfSchG abgeleitet, die des BND aus § 3 des Bundesnachrichtendienstgesetzes (BNDG). Die Prüfung der
Bundesregierung umfasst auch die Frage, ob über die be-

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