Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
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Zusammenfassende Darstellung
Am 11. Januar 2007 trat das Gesetz zur Ergänzung des
Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 5. Januar 2007
(Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz – TBEG,
BGBl. I S. 2) in Kraft. Das Gesetz beruht auf einer umfassenden Überprüfung der Regelungen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes (TBG) vom 9. Januar 2002
(Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom 9. Januar 2002, BGBl. I S. 361). Den Sicherheitsdiensten waren seinerzeit in Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA und
die veränderte Bedrohungslage durch den international
agierenden Terrorismus neue Befugnisse übertragen
worden, die in die Schutzbereiche des Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes
[GG]) bzw. in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Abs. 1 GG) eingreifen. Dem
Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) und dem Bundesnachrichtendienst (BND) stehen seither – in teilweise unterschiedlichem Umfang – Auskunftsrechte gegenüber
Banken, Postdienstleistern, Luftfahrtunternehmen und
Telekommunikationsunternehmen sowie die Befugnis
zum Einsatz des sog. IMSI-Catchers zu, mit dem der
Standort sowie die Geräte- und Kartennummer aktiv
geschalteter Mobilfunkgeräte festgestellt werden können.
Mit dem TBEG werden die Auskunftsrechte der Nachrichtendienste sowie die Befugnis zum Einsatz des
IMSI-Catchers im Kern fortgeführt. Hinsichtlich der
Voraussetzungen und der Verfahren sind sie teils praxisorientiert neu gestaltet worden. Die Auskunftsrechte
des BND und des MAD sind mit dem TBEG an diejenigen des BfV weitgehend angeglichen worden. Das
Verfahren nach Artikel 10 GG, das eine ministerielle
Anordnung mit Zustimmung der G 10-Kommission des
Deutschen Bundestages vorsah, wurde auf Eingriffe in
den Schutzbereich des Artikel 10 GG beschränkt, wodurch Auskünfte bei Luftfahrtunternehmen und Banken
nicht mehr der Genehmigung der G 10-Kommission bedürfen. Die Berichtspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium zu
diesen Auskunftsersuchen bestehen aber weiterhin. Ferner wurden die Voraussetzungen für Auskünfte von
Post-, Telekommunikations- und Teledienstunternehmen über Verbindungs- und Nutzungsdaten (nicht aber
zu Inhalten der Kommunikation selbst) neu definiert.
Die entsprechenden nachrichtendienstlichen Auskunftsrechte wurden darüber hinaus auf weitere Fälle mit
Gewaltbezug erstreckt, wenn es sich um Bestrebungen
handelt, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes
oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer
Mitglieder zum Ziele haben. Die Anwendung der durch
das TBG und das TBEG geänderten Vorschriften des
BVerfSchG, des BNDG und des MADG sind letztlich
vor Ablauf des 10. Januar 2012 unter Einbeziehung ei-
Drucksache 16/5982
nes wissenschaftlichen Sachverständigen, der im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag bestellt
wird, zu evaluieren.
Die Änderungen und Ergänzungen des TBG sind vom
Parlamentarischen Kontrollgremium bereits in seinem
letzten Bericht grundsätzlich befürwortet worden. Die
im Jahr 2002 eingeführten erweiterten Befugnisse stellen einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung der inneren und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik
Deutschland dar und haben sich nach überwiegender
Auffassung des Gremiums in der Praxis bewährt. Andererseits bleibt es weiterhin zentrale Aufgabe aller beteiligten Stellen, sowohl der Dienste, der zuständigen
Bundesministerien und des Bundeskanzleramtes als
auch der kontrollierenden Gremien, die Bedürfnisse jedes Einzelnen auf Schutz seiner Privatsphäre im Rahmen der rechtsstaatlichen Ordnung zu wahren. Das Parlamentarische Kontrollgremium hält es dabei für
sachgerecht, dass die Anwendung der Vorschriften
nach fünf Jahren einer erneuten Evaluierung zu unterziehen ist. Die Beteiligung eines externen Sachverständigen stellt dabei eine geeignete und sinnvolle Maßnahme dar, die nicht zuletzt auch dazu beitragen kann,
das Vertrauen in die Arbeit der Dienste zu stärken.
Der vorliegende Bericht baut auf die bisherige Berichterstattung auf und setzt sie für das Jahr 2006 fort.
Der BND, das BfV und der MAD haben vom 1. Januar
2006 bis 31. Dezember 2006 wie in der Tabelle 1 von ihren Auskunftsrechten Gebrauch gemacht.
Mit dem TBG haben die Dienste die Befugnis erhalten,
den sog. IMSI-Catcher einzusetzen und damit Standort,
Geräte- und Kartennummer von Mobiltelefonanschlüssen
zu ermitteln. Der IMSI-Catcher wurde im Jahr 2006 von
den Diensten wie in Tabelle 2 dargestellt eingesetzt.
Im Jahr 2006 wurden insgesamt zu 26 beendeten Auskunftsverfahren bzw. IMSI-Catcher-Einsätzen einstimmige Mitteilungsentscheidungen der G 10-Kommission
getroffen. Die Verfahren umfassten insgesamt 48 betroffene Personen (Haupt- bzw. Nebenbetroffene). Davon
wurde bei 41 betroffenen Personen eine Entscheidung
über eine Mitteilung vorläufig zurückgestellt. In einem
Fall hat die G 10-Kommission entschieden, endgültig
nicht mitzuteilen. 6 betroffenen Personen wurde der
Grundrechtseingriff mitgeteilt.
Auf der Ebene der Bundesländer wurde von den einzelnen
Befugnissen ebenfalls zurückhaltend und verantwortungsvoll Gebrauch gemacht. Für das Jahr 2006 haben die Bundesländer insgesamt bisher 9 Anordnungen mit 11 Betroffenen gemeldet. Davon betrafen 7 Anordnungen mit
9 Betroffenen Auskünfte bei Banken und Finanzdienstleistungsinstituten und 2 Anordnungen mit 2 Betroffenen Auskünfte bei Telekommunikationsunternehmen. Für das Jahr
2006 ist aber noch zu berücksichtigen, dass noch insgesamt
8 Länderberichte ausstehen. Insgesamt liegen für die Jahre
2005 und 2006 auf Länderebene die in Tabelle 3 dargestellten Zahlen vor.